Dreiste Maschen von Stromanbieter sind rechtswidrig

Stand:
Landgericht Köln, Urteil vom 23.10.2019, Az. 84 O 96/19

Als Servicegesellschaft der 365 AG hatte die immergrün-Energie GmbH Verbrauchern Boni nicht ausbezahlt, Widerrufsformulare vorenthalten und ordentliche Kündigungen zu Unrecht abgewiesen.

Landgericht Köln, Urteil vom 23.10.2019, Az. 84 O 96/19, Urteil ist rechtskräftig

Der Unternehmer hat seine vertragliche Verpflichtung zur Auszahlung eines Sofortbonus zu erfüllen und zwar ohne Aufforderung durch den Verbraucher.
Der Unternehmer ist auch verpflichtet, über das Widerrufsrecht zu informieren und ein Widerrufsformular auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen.
Eine Kündigung, die vom Verbraucher fristgerecht ausgesprochen wird, kann von einem Unternehmer nicht mit dem Argument zurückgewiesen werden, der Verbraucher habe den falschen Endzeitpunkt genannt.

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Es ist irreführend und unlauter nach §§3, 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG, wenn ein Unternehmen einem Verbraucher für den Abschluss eines Stromlieferungsvertrages einen Sofortbonus, der innerhalb von 90 Tagen nach Lieferungsbeginn ausbezahlt werden soll, verspricht, und entgegen dieser Vereinbarung den Sofortbonus nicht zu Auszahlung bringt. Auch wenn dem Unternehmen die Bankverbindung nicht bekannt ist, hat das Unternehmen dafür Sorge zu tragen, dass der Verbraucher den versprochenen Bonus fristgerecht erhält. Das Vorbringen des Unternehmers, der Kunde habe die Auszahlung verlangen müssen, wies das Gericht ausdrücklich zurück. Auch ein Unternehmer erwarte vom Kunden, dass dieser seinen vertraglichen Verpflichtungen ohne weitere Aufforderung fristgerecht nachkommt.

Wenn ein Unternehmer dem Verbraucher das Widerrufsformular nur über einen Download zur Verfügung stellt, genügt dieser seinen gesetzlichen Verpflichtungen nicht. Der Unternehmer ist vielmehr verpflichtet das Widerrufsformular auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen, § 312 f Abs. 2 S. 2 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Abs. 3 EGBGB.

Das Unternehmen hatte die Kündigung der Verbraucherin mit dem Argument zurückgewiesen, die Kündigung wäre nicht form- und fristgerecht ausgesprochen und sie habe einen falschen Endzeitpunkt genannt. Nachdem die Kündigung aber Form- und fristgerecht ausgesprochen wurde, ist die Zurückweisung der Kündigung irreführend und unzulässig nach §§ 3, 5 Abs. 1 Nr.7 UWG.

Zum Volltext der Entscheidung:

Urteil Landgericht Köln vom 23.10.2019 (84 O 96/19, rechtskräftig)

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