Unzulässige Werbeanrufe und Vertragskündigungen

Stand:
OLG München I vom 23.01.2020 (6 U 2084/18)
LG München I vom 08.05.2018 (33 O 5550/17)
Off

Das OLG München hat dem Strom- und Gasanbieter PST Europe Sales GmbH untersagt, Verbraucher zu Werbezwecken ohne Einwilligung anzurufen sowie bereits widerrufene Verträge zu bestätigen. Ferner untersagte es dem Unternehmen die Kündigung von Lieferverträgen ohne Vollmacht in Textform.

Ohne ihre Einwilligung dürfen Verbraucher:innen nicht durch Werbeanrufe belästigt werden, das ist in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG geregelt. Das LG München stellte schon in der Vorinstanz fest, dass die PST Europe Sales GmbH gegen diese Vorgabe verstoßen hatte. Dass Verbraucher:innen in den Anruf eingewilligt haben, muss der Anrufer beweisen. Bei der Einwilligungserklärung muss der Verbraucher zum einen wissen, dass er zu Werbezwecken angerufen wird und zum anderen, welche Unternehmen ihn zu diesem Zweck kontaktieren dürfen. Solche Einwilligungen habe die Beklagte nicht vorlegen können, so das Landgericht.

Darüber hinaus darf der Energieanbieter bestehende Stromlieferverträge mit anderen Unternehmen nicht ohne entsprechende Vollmacht der Verbraucher:innen kündigen. Diese Vollmacht muss gem. § 312h Nr. 2 BGB in Textform erteilt werden, also beispielsweise per E-Mail. Das Oberlandesgericht München hielt die vorgelegten E-Mails der Verbraucher:innen zum Teil für nicht ausreichend, da diese nur auf einen Link geklickt hätten. Dabei hätten die Kund:innen keine in Schriftzeichen lesbare Erklärung abgegeben. Der Energieanbieter habe den bestehenden Liefervertrag mit einem anderen Unternehmen daher nicht kündigen dürfen. Anders sei das in den Fällen gewesen, in denen Verbraucher:innen auf die Bestätigungsanfrage des Unternehmens mit „Ja“ und ihrem Nachnamen geantwortet hatten.

Das OLG München hat die weitergehende Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Bezug auf untergeschobene Verträge zum Teil abgewiesen. Das Landgericht München hatte entschieden, das Unternehmen habe einen Vertragsabschluss bestätigt, obwohl kein Vertrag geschlossen worden sei. Grundlage hierfür war der Mitschnitt eines Telefonates. Dagegen sah das Oberlandesgericht nach Anhören von drei Telefonmitschnitten es als nicht erwiesen an, dass das beklagte Unternehmen Verbraucher:innen Verträge untergeschoben hatte. Anders als das LG München war das OLG der Ansicht, die Verbraucher:innen hätten dem Gespräch in den drei Mitschnitten folgen können und dem Vertragsschluss zugestimmt. Dagegen entschieden beide Gerichte, dass das Unternehmen unzulässigerweise Vertragsbestätigungen versandt hatte, obwohl Verbraucher:innen den Vertrag widerrufen hatten.

Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG München I vom 23.01.2020 (6 U 2084/18)

LG München I vom 08.05.2018 (33 O 5550/17)

Ratgeber-Tipps

Ratgeber Photovoltaik
Wer ein Stück weit unabhängig von den Preiskapriolen der Energieversorger werden will, kümmert sich um die Anschaffung…
Handbuch Pflege
Als pflegebedürftig gelten Menschen, die wegen einer Krankheit oder Behinderung für mindestens sechs Monate Hilfe im…
Eine Frau steht vor einem geöffneten Paket mit Produkten und verweigert die Sendung

Vorsicht bei untergeschobenen Verträgen von Pflegehilfsmittelboxen

Verbraucher:innen berichten, dass ihnen telefonisch Verträge für sogenannte kostenlose Pflegehilfsmittelboxen angeboten wurden. Die Kosten übernimmt die Pflegekasse aber nur, wenn sie einen anerkannten Pflegegrad haben. Lehnt die Pflegekasse ab, können Verbraucher:innen auf den Kosten sitzenbleiben.
Eine Frau blickt auf eine digitale Anzeige.

Ihre Daten bei Facebook und Instagram für KI: So widersprechen Sie

Meta hatte kürzlich angekündigt, "KI bei Meta" zu entwickeln. Als Trainingsmaterial für diese KI-Tools sollen auch Nutzerinhalte dienen, also das, was Sie auf den Plattformen posten. Möchten Sie das nicht, können Sie widersprechen. Die Verbraucherzentrale NRW hat Meta deshalb abgemahnt.

Lunch & Learn

In ihrem digitalen Vortragsformat „Lunch & Learn“ vermittelt die Verbraucherzentrale Bayern die wichtigsten Infos in der Mittagspause.