Zwingende Erteilung einer Einziehungsermächtigung (SEPA-Lastschriftmandat) bei Energielieferverträgen sowie Bearbeitungspauschale in Höhe von 2,- Euro pro Überweisung unzulässig

Stand:
LG Wiesbaden vom 29.06.2017 (2 O 182/16)
Off

Das LG Wiesbaden hat der eprimo GmbH untersagt, die Bestellung eines Strom- bzw. Gasliefervertrages über einen Tarifrechner gegenüber Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung davon abhängig zu machen, dass der Verbraucher eine Einzugsermächtigung erteilt. Zudem darf das Unternehmen für die Zahlung mittels Überweisung keine Bearbeitungspauschale in Höhe von 2,- Euro verlangen.

Die eprimo GmbH macht den Abschluss eines Strom- oder Gasliefervertrages über einen Tarifrechner wie verivox oder check24.de davon abhängig, dass Verbraucher eine Einzugsermächtigung im Lastschriftverfahren erteilen. Andernfalls kann der Bestellvorgang nicht fortgesetzt werden. Damit verstößt das Unternehmen gegen § 41 Abs. 2 Satz 1 EnWG, wonach Energieversorgungsunternehmen verpflichtet sind, Haushaltskunden vor Vertragsschluss verschiedene Zahlungsmöglichkeiten anzubieten. Das Argument der eprimo GmbH, sie biete auf ihrer Homepage für Tarife mit identischen oder besseren Konditionen verschiedene Zahlungsweisen an, ließ das Gericht nicht gelten. Selbst wenn Kunden sich eigenständig auf der Homepage von eprimo nach weiteren Zahlungswegen erkundigen würden, sei damit eine "leichte, eindeutige und damit transparente Vergleichbarkeit von den angebotenen Zahlungsweisen [...] nicht gewährleistet."

Die Bearbeitungspauschale von 2,- Euro für eine Überweisung verstößt laut LG Wiesbaden gegen § 312a Abs. 4 Nr. 2 BGB. Zwar dürfen dem Verbraucher die Kosten für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels auferlegt werden, wenn zumindest eine unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit (hier: das Lastschriftverfahren) besteht. Umstritten ist, ob mit solchen Kosten nur die Kosten Dritter für die Nutzung des Zahlungsmittels (z.B. Bankgebühren) gemeint sind oder ob auch unternehmensinterne Kosten (Bearbeitungs-/Personalkosten) darunter fallen. Wie diese Auslegungsfrage zu entscheiden ist, ließ das LG Wiesbaden offen. Die eprimo GmbH sei jedenfalls ihrer sekundären Darlegungslast bezüglich Höhe und Zusammensetzung der anfallenden Kosten trotz gerichtlichem Hinweis nicht nachgekommen. Daher sei zu ihren Lasten zu entscheiden gewesen.

Die eprimo GmbH hatte gegen das Urteil beim OLG Frankfurt (Aktenzeichen: 6 U 129/17) Berufung eingelegt, diese jedoch mit Schriftsatz vom 29.09.2017 zurückgenommen.

Das Urteil ist daher rechtskräftig.

LG Wiesbaden vom 29.06.2017 (2 O 182/16)

Ratgeber-Tipps

Strom und Wärme selbst erzeugen
Wer sich von Energieversorgern unabhängig macht, kann steigenden Energiepreisen gelassen entgegensehen und die eigene…
Sparschwein steht auf Münzen vor Notizblock und Taschenrechner

Musterfeststellungsklage gegen Sparkasse Märkisch-Oderland

Die Sparkasse Märkisch-Oderland hat vielen Prämiensparern nach Ansicht der Verbraucherzentrale jahrelang zu wenig Zinsen gezahlt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) klagt deshalb gegen die Sparkasse. Am 26. Februar 2025 urteilte das Brandenburgische Oberlandesgericht. Um höhere Nachzahlungen für die Betroffenen zu erwirken, geht der vzbv nun vor den Bundesgerichtshof (BGH).
Hände mit Geldbörse und Taschenrechner von Rechnungen

Musterfeststellungsklage gegen GASAG AG

2. Dezember 2021: Kunden:innen der GASAG in der Grund- oder Ersatzversorgung mit Gas zahlten vor diesem Datum 6,68 Cent pro Kilowattstunde. All jene Verbraucher:innen, bei denen der Belieferungsbeginn zwischen dem 2. Dezember 2021 und dem 30. April 2022 lag, zahlten mehr als 18 Cent. Der Tarif für Bestandskund:innen blieb wesentlich günstiger. Davon betroffen sind zehntausende Verbraucher:innen. Für sie kann sich der Preisunterschied schnell auf hunderte von Euro summieren und existenzbedrohend sein. Der vzbv hält das „Zweiklassensystem“ der GASAG für unrechtmäßig und will mit der eingereichten Musterfeststellungsklage den Betroffenen helfen.
Hände mit Geldbörse und Taschenrechner von Rechnungen

Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) klagt erfolgreich gegen die GASAG AG

Das Kammergericht hat die Tarifspaltung des Berliner Gasgrundversorgers für unzulässig erklärt. Daraus können sich hohe Nachforderungen derjenigen Verbraucher:innen ergeben, die in den teuren Neukundentarif gefallen waren. Das letzte Wort wird aber wohl der Bundesgerichtshof haben.