Marktcheck: Geschirr aus Bioplastik – Ist die Verwendung sicher?

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Wenn Geschirr aus Bioplastik falsch verwendet wird oder Hersteller bestimmte Materialmischungen verwenden, kann das zu einem Gesundheitsrisiko werden. Auch die Bewerbung als „nachhaltig“ ist oft nicht aussagekräftig. Dieser Marktcheck nimmt Küchenprodukte aus und mit nachwachsenden Rohstoffen unter die Lupe.
Foto von einem To-Go-Becher, einem Brotdose und Besteck aus Bioplastik und Holz, von oben fotografiert auf grünem Untergrund.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ein bundesweiter Marktcheck der Verbraucherzentralen untersuchte 48 Küchenutensilien mit und aus nachwachsenden Rohstoffen. 
  • Angaben zu Rohstoffen und Materialien waren vielfach zu allgemein und unvollständig.
  • Die Verwendungshinweise in Symbolform waren uneinheitlich in der Darstellung, Verständlichkeit oder Lesbarkeit.
  • Auf den Küchenutensilien selbst waren auffällig seltener Verwendungshinweise zu finden als auf den Verpackungen. 
  • Vier Produkte hätten nach Einschätzung der Verbraucherzentralen aufgrund der angegebenen Materialzusammensetzung gar nicht im Handel sein dürfen.
  • Die Verbraucherzentralen fordern verpflichtende Materialangaben sowie einheitliche und verbindliche Verwendungshinweise.
     
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Biokunststoff, Bioplastik: Unklare Bezeichnungen für alternative Materialien

Schalen, Brotdosen oder Trinkbecher machen Lebensmittel konsumier-, transportier- und lagerbar. Boxen schützen vor äußeren Einflüssen und halten Speisen länger frisch. Solche Küchenutensilien sind meist aus Kunststoff, Glas oder Edelstahl. 

Immer häufiger kommen aber auch nachwachsende Rohstoffe wie Bambus, Weizenstroh oder Zuckerrohr zum Einsatz.

Diese Materialien werden als innovative, vermeintlich natürlichere und nachhaltigere Wahl zu herkömmlichen Werkstoffen angepriesen. Teilweise werden sie als „Biokunststoffe“ vermarktet, ohne dass dieser Begriff bisher rechtlich definiert ist. Das führt dazu, dass mit den Begriffen Unterschiedliches gemeint sein kann: 

Die Bezeichnungen „Biokunststoff“ oder auch „Bioplastik“ werden 

  1. für Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen verwendet. 
  2. Aber auch für Materialien, die biologisch abbaubar bzw. kompostierbar sind.

Manchmal treffen beide Eigenschaften auf einen Gegenstand zu, aber nicht immer.

Welche Probleme können beim Kontakt mit Lebensmitteln auftreten? 

Die Materialien, aus denen die Küchenutensilien bestehen, müssen sicher sein – sie dürfen die Gesundheit der Menschen, die sie benutzen, nicht gefährden. Eine Studie der Goethe-Universität Frankfurt am Main zur Toxizität von Biokunststoffen kommt jedoch zu dem Schluss, dass der Anteil schädlicher Chemikalien in diesen Produkten genauso hoch ist wie in herkömmlichen Kunststoffen auf Erdölbasis. 

Manche Materialien geben unter ungünstigen Verwendungsbedingungen Schadstoffe an Lebensmittel ab. Sie eignen sich beispielsweise nicht für das Einfüllen sehr heißer Speisen und Getränke oder sind besonders empfindlich gegenüber Beschädigung durch scharfe Gegenstände oder Reinigungsmittel. Daher muss klar sein, wofür die Gegenstände geeignet sind und wie sie verwendet werden sollen. Nur dann lässt sich sicherstellen, dass Verbraucher:innen keiner Gefahr ausgesetzt sind, wenn sie die Gegenstände benutzen. 

Bundesweiter Marktcheck zu Küchenutensilien aus nachwachsenden Rohstoffen

Uneinheitliche Bezeichnungen, Schadstoffe, Unsicherheiten in der Verwendung – genug Gründe, um Küchenutensilien aus und mit pflanzlichen Rohstoffen genauer unter die Lupe zu nehmen. 

In einem bundesweiten Marktcheck untersuchten die Verbraucherzentralen daher im April und Mai 2024 48 Küchengegenstände wie Geschirr, Besteck, Brotdosen und Trinkflaschen, die mit nachwachsenden Rohstoffen wie Bambus, Zuckerrohr oder Holzfasern hergestellt wurden. 

Ziel war es, zu prüfen, ob Verbraucher:innen ausreichende Informationen zu den verwendeten Materialien und zur sicheren Nutzung erhalten. Dabei wurde auch betrachtet, wie die Produkte hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit beworben wurden.
 

reisdiagramm mit der Aufteilung von 48 Produkten in verschiedene Kategorien. Die Kategorien sind farblich markiert:   - Blau: 7 Sets   - Gelb: 8 Bestecke   - Orange: 6 Brotdosen/Vorratsbehälter   - Pink: 3 Trinkflaschen   - Violett: 10 Tassen/Becher   - Hellgrün: 6 Schneidbretter/Essbretter   - Dunkelgrün: 5 Teller   - Dunkelblau: 3 Schüsseln. Im Zentrum steht die Zahl "48 Produkte". Unter dem Diagramm sind die Kategorien mit Icons und den entsprechenden Farben dargestellt.

Anzahl der erfassten Produkte in den Kategorien (zufällige Verteilung)

Ergebnisse des Marktchecks

Verwirrende Materialbezeichnungen 

Die Ergebnisse des Marktchecks zeigen, dass unterschiedlichste Materialien und Rohstoffe zur Herstellung von Küchenutensilien zum Einsatz kamen. Allgemeine Angaben wie „pflanzliche Rohstoffe“ oder „Bioplastik“ wurden meist ergänzt durch Rohstoffangaben wie „Bambus“ oder „Weizenstroh“. 
Teilweise wurden auch die aus den nachwachsenden Rohstoffen entstandenen Kunststoffe, wie Polyethylen (PE) oder Polylactid (PLA), genannt. Die vollständige Zusammensetzung blieb jedoch häufig unklar. 

Die Vielzahl an Angaben und die teils schwammigen Begriffe wie „Naturfaserverbundwerkstoff“, „biozirkulärer Kunststoff“ oder schlicht „pflanzliche Rohstoffe“ können Verbraucher:innen eher verwirren, als dass sie informieren.

Verschiedene Kennzeichnungen und Symbole für nachhaltige Materialien wie "Biobased Plastic", "50% Plant Based", "Bio-Kunststoff", "FSC-zertifiziertes Holz" und "pflanzenbasiert". Weitere Angaben beinhalten Materialzusammensetzungen, Recycling-Codes und Logos wie "C-PLA" oder "Bioplastic".

Übersicht zu verschiedenen Material- und Rohstoffangaben

Balkendiagramm mit Materialien, die in Produkten verwendet werden. Die häufigsten Kategorien sind "Sonstige" (64), gefolgt von "Pflanzliche Rohstoffe" (21) und "Bio-Kunststoff" (18). Weitere Materialien umfassen Holz (10), Zuckerrohr (8), Bambus (7), PLA (7) und Recyclingmaterialien.

Häufigkeit der Materialangaben auf allen Produkten; Mehrfachnennung möglich

Gefährliche Materialmischungen

Bei vier Produkten deuteten die Materialangaben darauf hin, dass diese nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprachen und nicht verkauft werden dürfen. Denn Küchenutensilien aus Kunststoff dürfen beispielsweise kein Bambus enthalten. Diese unzulässigen Materialmischungen sind dafür bekannt, schädliche Stoffe an die Lebensmittel, die mit ihnen in Kontakt kommen, abzugeben. 

Weitere fünf Gegenstände enthielten Kunststoffgemische mit Holzmehlen oder -fasern. Auch diese werden nach einer gesetzlichen Übergangsfrist nicht mehr erlaubt sein. Grund dafür ist, dass zu wenig Informationen für eine sichere Verwendung zur Verfügung stehen. 

Die Verbraucherzentralen kritisieren diese Übergangsfrist, hier stehen wirtschaftliche Interessen denen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes gegenüber. 

Beispiele Produkte, darunter ein Bambus-Picknick-Set (Marke Biobu), ein Schneidebrett aus Holzfaser (Rig-Tig) und ein weiteres aus biologisch abbaubarem Material (Gastromax BIO). In Kästen sind die Beschreibungen von angeblich nachhaltigen Eigenschaften hervor, wie den Einsatz von Bambusfasern oder Faserholz.

Produktbeispiele mit nicht verkehrsfähiger Zusammensetzung laut Angaben (links), sowie auffälliger Produktbeschaffenheit, die auf eine fehlende Verkehrsfähigkeit hindeuten könnte (Mitte und rechts)

Zu wenige Verwendungshinweise 

Fast alle Gegenstände im Marktcheck trugen zumindest auf der Verpackung Verwendungshinweise, etwa zur Reinigung in der Spülmaschine oder zum Einsatz in der Mikrowelle. Allerdings fanden die Verbraucherzentralen auf den Produkten selbst deutlich seltener ausreichende Hinweise zur sicheren Verwendung. Bei zwei Küchengegenständen fehlten diese Hinweise gänzlich. 

Die Verbraucherzentralen bewerten es als kritisch, dass sich Informationen zur Verwendung teilweise nur auf der Verpackung befanden. Denn diese landet nach dem Kauf meist im Müll und die Informationen gehen verloren.

Balkendiagramm, das die Häufigkeit von Symbolen und Texten auf Verpackungen und Produkten vergleicht. Kategorien umfassen "Lebensmittelecht", "Spülmaschinentauglich", "Mikrowellentauglich", "Temperaturangaben", und weitere. Symbole und Texte treten unterschiedlich oft auf Verpackungen und Produkten auf.

Anzahl der Verwendungshinweise in Form von textlichen Aussagen oder Symbolen auf der Verpackung (links) und auf dem Produkt (rechts); Mehrfachnennung möglich 

Uneinheitliche Kennzeichnung zur sicheren Verwendung

Die zahlreichen unterschiedlichen Symbole und Formulierungen für gleichbedeutende Aussagen werden aus Sicht der Verbraucherzentralen ebenfalls als problematisch eingeschätzt. Da diese zum Teil schwer zu interpretieren, zu lesen oder sogar widersprüchlich waren, boten sie Verbraucher:innen keine verlässlichen Handlungshinweise für eine sichere Verwendung. 

Verschiedene Symbole für spülmaschinenfest, dargestellt in unterschiedlichen Designs. Einige zeigen stilisierte Teller mit Wasser- oder Temperaturangaben, andere beinhalten Wörter wie "Dishwasher Safe" oder Temperaturbegrenzungen, z. B. "max 55°C/130°F".

Beispiele für Symbole zur Darstellung der Spülmaschineneigung

Symbole für mikrowellengeeignet oder mikrowellenungeeignet. Enthalten sind stilisierte Mikrowellen mit Wellenlinien, teils durchgestrichen oder mit Texten wie "No Micro" oder "Reheat Max. 40 sec Max. 800W".

Beispiele für Symbole zur Darstellung der Mikrowelleneignung

Nachhaltigkeit als Verkaufsargument? 

Viele Verbraucher:innen entscheiden sich aus Nachhaltigkeitsgründen für den Kauf eines Produkts. Die Mehrheit der untersuchten Utensilien wurde mit Nachhaltigkeitsversprechen beworben, etwa als „biobasiert“ oder „umweltfreundlich“. Diese Begriffe sind jedoch oft nicht rechtlich definiert.

Auch vage Schlagworte wie „I’m green“, „we care for nature“, „eat green“ oder „grüne Seele“ dienten Herstellern als werbewirksame Botschaften. Verpackungen und Designs wurden oft in Grün- und Brauntönen gestaltet und mit Symbolen wie grünen Blättern versehen, um den Anschein von Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit zu erwecken bzw. zu unterstreichen.

Ohne eine rechtliche Grundlage oder weiterführende Informationen können diese Angaben Verbraucher:innen eher verwirren, anstatt Transparenz zu schaffen. 

Balkendiagramm mit der Verteilung von Nachhaltigkeitsmerkmalen. Die höchsten Werte sind "Bio-basiert" (24), "Umweltfreundlich" (13) und "Klima/CO2" (12). Weitere Merkmale sind z. B. "Nachhaltig", "Recycelbar" und "Biologisch abbaubar".

Anzahl aufgefundener Aussagen mit Nachhaltigkeitsbezug, Auffindung im Wortlaut oder Synonym mit sinngleicher Bedeutung; Mehrfachnennung möglich

Fazit des Marktchecks 

Der Marktcheck zeigt, dass es Küchenutensilien aus nachwachsenden Rohstoffen teilweise an klaren Informationen zur sicheren Verwendung und an Transparenz bei den Materialangaben fehlt. Zudem erfüllen einige Produkte nicht die gesetzlichen Anforderungen an die Materialzusammensetzung, was potenziell gesundheitsschädlich sein kann. 
Die Verbraucherzentralen fordern für Küchenutensilien aus nachwachsenden Rohstoffen: 

  • Vollständige Materialangaben müssen endlich verpflichtend sein, das heißt, ALLE verwendeten Materialien und Rohstoffe müssen angegeben werden. Das schafft Transparenz für die Verbraucher:innen und für die Beurteilung der Verkehrsfähigkeit durch die amtliche Lebensmittelüberwachung.
  • Einheitliche Piktogramme zur sicheren Verwendung müssen rechtlich vorgeschrieben werden. Piktogramme und Angaben, die zwingend auf den Produkten abgebildet sein müssen, sind aus Sicht der Verbraucherzentralen: Glas-Gabel-Symbol, Spülmaschineneignung, Mikrowelleneignung, Temperaturangaben, und ein Hinweis zur Unbrauchbarkeit bei Beschädigung. Piktogramme sollten einheitlich und verständlich gestaltet sein. Die verpflichtende Einführung des Glas-Gabel-Symbols kann einer fehlerhaften Verwendung von Gegenständen, die nicht für Lebensmittel geeignet sind, wie Dekoschalen, entgegenwirken. 
  • Piktogramme und textliche Angaben zur sicheren Verwendung sowie zum Material müssen dauerhaft auf den Produkten aufgebracht sein, dies muss rechtlich verankert werden. So bleiben wichtige Hinweise zur sicheren Verwendung für Verbraucher:innen erhalten, auch wenn Umverpackung, Etikett, Banderole oder Broschüre längst entsorgt sind. Die Methode der dauerhaften Abbildung kann dabei variieren, sofern sie permanent ist.
  • Der Begriff „Biokunststoff“ muss gesetzlich definiert werden. Verbraucher:innen müssen erkennen können, ob das Produkt biologisch abbaubar (Industrie- oder Eigenkompostierung) ist. Außerdem muss deutlich werden, ob es aus fossilen Quellen oder nachwachsenden Rohstoffen stammt.
  • Lebensmittelkontaktmaterialien müssen durch die amtliche Lebensmittelüberwachung häufiger beprobt werden, damit nicht-verkehrsfähige Gegenstände zeitnah vom Markt genommen werden.
  • Um überzogene Nachhaltigkeitsaussagen zu verhindern und Irreführungen der Verbraucher:innen zu vermeiden, müssen Vorgaben zur Nachhaltigkeitswerbung schnellstmöglich im nationalen Recht verankert werden.

Den vollständigen Marktcheck zum Nachlesen gibt es hier

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