Frage
In einem sehr interessanten Buch spricht sich ein britischer Wissenschaftler im Allgemeinen gegen Nahrungsergänzungsmittel aus, empfiehlt jedoch Lutein. Ich bin über 60 und habe keine besonders guten Augen. Kann ich Lutein unbedenklich einnehmen bzw. hilft es?
Antwort
Lutein gehört wie beispielsweise auch Beta-Carotin oder Zeaxanthin zu den sogenannten Carotinoiden. Das ist eine Gruppe natürlicherweise vor allem in Obst und Gemüse vorkommender Farbstoffe.
Lutein-haltige Nahrungsergänzungsmittel werden unter anderem als "Vitalstoffe für die Augen" beworben, die zum "Erhalt einer gesunden und normalen Sehkraft" beitragen sollen. Für Lutein sind laut Health-Claims-Verordnung jedoch keine gesundheitsbezogenen Angaben zugelassen.
Reine Lutein-Präparate dürften somit nicht mit solchen oder ähnlichen Aussagen werben. Um dies zu umgehen, nutzen die Hersteller folgenden Trick: Sie setzen den Präparaten zum Beispiel zusätzlich Vitamin A, Zink oder Omega-3-Fettsäuren zu, für die die genannten gesundheitlichen Aussagen zugelassen sind.
Mehr zu Lutein finden Sie unter: Lutein - Augenschutz oder Augenwischerei?
Nahrungsergänzungsmittel sind grundsätzlich nicht dafür da, Krankheiten vorzubeugen, diese zu lindern oder zu heilen. Das ist Aufgabe von Arzneimitteln (AM). Die Unterschiede zwischen NEM und AM können Sie hier nachlesen.
Eine altersabhängige Makuladegeneration (AMD), eine Rückbildung des sogenannten "Gelben Flecks" in der Netzhaut des Auges, kann nach derzeitigem Wissensstand mittels Lutein nicht verhindert werden. Dagegen deuten Studien darauf hin, dass Lutein in Kombination mit verschiedenen Vitaminen, Mineralstoffen und Zeaxanthin (AREDs2-Rezeptur) das Fortschreiten der AMD bei langfristiger Einnahme verzögern kann. Allerdings nur in einem bestimmten Stadium der AMD, die nur der Augenarzt feststellen kann!
Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde äußert keine Sicherheitsbedenken gegenüber dem Einsatz von Lutein in Nahrungsergänzungsmitteln, solange die eingesetzte Menge im Bereich der mit der Nahrung üblicherweise aufgenommenen Menge liegt. Unklar ist allerdings, welche Mechanismen durch die isolierte Gabe von Lutein im gesamten Carotinoid-Stoffwechsel ausgelöst werden. Beispielsweise behindert Lutein die Aufnahme von Beta-Carotin und umgekehrt.
Außerdem kann es bei der Verwendung von Lutein-haltigen Kombipräparaten mit Beta-Carotin zu unerwünschten Wirkungen wie gelben Verfärbungen der Haut und Magen-Darm-Beschwerden kommen. In verschiedenen Studien wurde zudem bei Rauchern ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko durch die Verwendung von Beta-Carotin-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln festgestellt. Weiterhin ist eine Wechselwirkung mit zusätzlich eingenommenen Medikamenten nicht auszuschließen.
Tipp
Lutein sollte nicht isoliert als Nahrungsergänzungsmittel, sondern im natürlichen Lebensmittelverbund aufgenommen werden. Lutein-reiche Lebensmittel sind grünes Gemüse (Grünkohl, Spinat, Brokkoli, Salat), verschiedene Früchte (Nektarine, Pfirsich, Orange) sowie Eigelb. Mit 150 g Spinat nimmt man bereits 18 mg Lutein zu sich. Dies ist vergleichbar mit der empfohlenen Tagesdosis der meisten Lutein-haltigen Nahrungsergänzungsmittel. Eine zusätzliche Fettaufnahme fördert die Aufnahme.
Sollten Sie dennoch Lutein-haltige Nahrungsergänzungsmittel verwenden wollen, ist vor der Verwendung das ärztliche Gespräch zwingend notwendig!
Zum Weiterlesen:
Schützen Nahrungsergänzungsmittel vor einer AMD? (gesundheitsinformation.de, 13.03.2024)
Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft: Die altersabhängige Makuladegeneration (2023)
Stiftung Warentest: Augen: Sehkraft erhalten, Makuladegeneration bekämpfen - was hilft? (28.07.2016)
PRO RETINA Deutschland e. V., Selbsthilfevereinigung von Menschen mit Netzhautdegenerationen
AMD-Netz e.V.: Leben mit Makula-Degeneration