Kudzu – die asiatische Hülsenfrucht

Stand:
Kudzu soll Wechseljahrsbeschwerden lindern, Muskel- und Augenschmerzen bessern und bei der Alkohol- und Rauchentwöhnung helfen. Stimmt das?
Kudzu – die asiatische Hülsenfrucht

Das Wichtigste in Kürze:
Achtung, kann der Gesundheit schaden!

  • Kudzu wird als Nahrungsergänzung für die Alkohol- und Rauchentwöhnung, zur Linderung von Wechsel­jahrsbeschwerden oder für Sporttreibende angeboten.
  • Eine abschließende gesundheitliche Bewertung ist mangels Daten und aufgrund vieler ungeklärter Fragen nicht möglich.
  • Frauen, die an einem östrogenabhängigen Brust-oder Gebärmutterkrebs erkrankt sind oder erkrankt waren, sollten ohne fachärztliche Rücksprache auf keinen Fall kudzuhaltige Nahrungsergänzungsmittel verwenden.
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Was steckt hinter der Werbung zu Kudzu?

Angepriesen wird Kudzu mit Aussagen wie zum Beispiel "verbessert die Durchblutung", "hilft der Verdauung", "lindert Wechseljahrs­beschwerden", "für die pure Lebenslust" oder "reduziert Muskelschmerzen und Steifheit" für Sporttreibende. Vor allem soll Kudzu bei der Alkohol- und Rauchentwöhnung helfen. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wird der Kudzu-Bohne u.a. eine blutzuckerregulierende und cholesterinsenkende Wirkung zugeschrieben. Auch bei Erkältungen, Nacken- oder Augenschmerzen soll sie demnach helfen.

Kudzuwurzelpulver und -extrakte werden vor allem im Internet, aber auch in Apotheken als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Die auf den Produkten aufgeführten Werbeaussagen beruhen meist auf traditionellen Überlieferungen - wissenschaftlich bewiesen durch Humanstudien sind sie nicht. Auch die ersten kleinen Studien, die in manchen Internetportalen erwähnt werden, stellen keinen ausreichenden wissenschaftlichen Beweis dar. Und sie beziehen sich nicht zwangsläufig auf den in Nahrungsergänzungsmitteln verwendeten Extrakt, dieser kann ein völlig anderer sein, da es bei Lebensmitteln diesbezüglich keine Standards gibt. Gerade in Bezug auf Wechseljahrsbeschwerden ließ eine systematische Untersuchung keinerlei Vorteil für Kudzu erkennen.

Werbeaussagen, die arzneiliche Wirkungen beschreiben, sind für Lebensmittel, zu denen auch die Nahrungsergänzungsmittel gehören, gemäß der gesetzlichen Bestimmungen (Art. 7 Lebensmittel­informations­verordnung)  nicht erlaubt.

Auf was sollte ich bei der Verwendung von Kudzu achten?

Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) ist auf Grundlage der vorliegenden wissenschaftlichen Daten ein gesundheitliches Risiko insbesondere bei längerfristigem Verzehr von Kudzu-Wurzeln und deren Zubereitungen nicht auszuschließen. "Rein pflanzlich" heisst nicht immer "harmlos". Unklarheit besteht hinsichtlich verschiedener Aspekte:

  • Gibt es Wechselwirkungen mit bestimmten Enzymen und Arzneistoffen?
  • In bzw. ab welchem Dosierungsbereich treten pharmakologische und toxische Wirkungen auf?
  • Welche östrogenen Effekte haben die enthaltenen Isoflavone?
  • Wie ist der Einfluss auf Wachstums- und Schilddrüsenhormon?
  • Wie ist die Wirkung zusammen mit Alkohol?

Mit Kudzu-Wurzel-Extrakten - wie sie als Nahrungsergänzung eingesetzt werden - werden großen Mengen Isoflavone pro Tag zusätzlich zur normalen Ernährung aufgenommen. Daher führt die Verwendung solcher Nahrungs­ergänzungsmittel zu einer 100-500-fach erhöhten Aufnahme an Isoflavonen. Die übliche tägliche Aufnahmemenge für Isoflavone liegt bei 2 mg.

  • Nehmen Sie keinesfalls mehr als die vom Hersteller empfohlene Tagesdosis, denn nur für diese Menge haftet dieser für die Sicherheit des Nahrungsergänzungsmittels. Einige Anwender:innen beschreiben Kreislaufprobleme nach Einnahme.
  • Frauen, die an einem östrogen­abhängigen Brust- oder Gebärmutter-bzw. Eierstockkrebs erkrankt sind oder erkrankt waren, sollten auf keinen Fall ohne fachärztliche Rücksprache kudzuhaltige oder andere isoflavonhaltige Nahrungs­ergänzungsmittel verwenden. Schwangere, Stillende und Kinder sollten von der Verwendung solcher Produkte absehen.
  • Kudzu sollten Sie wegen vorhandener Wechselwirkungen nicht nehmen, wenn Sie Medikamente gegen Diabetes, Tamoxifen (gegen Brustkrebs) oder Methotrexat (gegen rheumatoide Arthritis) bekommen. Es sind auch Wechselwirkungen mit weiteren Medikamenten möglich, fragen Sie ggf. in Ihrer Apotheke nach. Nach Einnahme eines Kombi-Produkts aus Kudzu und Mistel wurde von einem Fall von Leberintoxikation berichtet.

Was ist Kudzu?

Kudzu (Pueraria lobata), auch Kudzu-Bohne oder Kopouwurzel, ist eine asiatische Hülsenfruchtpflanze (Leguminose). Die Kudzuwurzel bildet sehr lange und bis zu 35 Kilogramm schwere, essbare Ausläufer/Knollen, die Stärke enthalten. In Japan werden sie gegart gegessen oder als Stärkelieferant, zum Beispiel für Nudeln und als Verdickungsmittel genutzt.

Die Kudzu-Wurzel selbst ist in der EU ein ganz normales Lebensmittel. Als Nahrungs­ergänzungsmittel wird meist das (gefriergetrocknete) Wurzelpulver in Kapselform angeboten, aber auch nicht näher definierte Wurzel-Extrakte oder Wurzel-Trockenextrakte sind auf dem Markt. Wässrige Extrakte aus Kudzu-Wurzel, -Blüten und/oder -Blättern sind nur in Nahrungsergänzungsmitteln erlaubt (dort gelten sie nicht als neuartig im Sinne der Novel-Food-Verordnung (EU) Nr. 2015/2283), in herkömmlichen Lebensmitteln aber verboten. Alkoholische Wurzelextrakte dagegen gelten als neuartig und bedürfen einer bisher nicht erteilten Zulassung. Außerdem wurde bereits 2015 in einem Urteil des Bundesgerichtshofes ein Nahrungsergänzungsmittel mit einem Trockenextrakt aus der Wurzel der Kudzu-Pflanze als neuartig angesehen und ein Verkaufsverbot ausgesprochen.

Ob ein kudzuhaltiges Nahrungs­ergänzungsmittel in Deutschland verkauft werden darf, wird durch die Lebensmittel­überwachung in den Bundesländern bei stichprobenartigen Kontrollen entschieden. Wenn Sie Fragen zu der Sicherheit eines Produkts haben, wenden Sie sich bitte an Ihre örtlich zuständige Lebensmittel­überwachungsbehörde (bei der Stadt oder dem Kreis angesiedelt).

Zuletzt sind Kudzu-Nahrungsergänzungsmittel aus China im europäischen Schnellwarnsystem RASFF wegen zu hoher gesundheitsschädlicher Belastung mit Polycyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK, PAH) aufgefallen.

Welche Inhaltsstoffe sind in Kudzu enthalten?

In der Kudzu-Wurzel befinden sich sogenannte Isoflavone, insbesondere Daidzein, Puerarin und Daidzin. Isoflavone sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die ebenfalls in Sojabohnen, aber auch in Rotklee vorkommen. Die Struktur der Isoflavone ähnelt der des menschlichen Hormons Östrogen, weshalb es auch als Phytoöstrogen bezeichnet wird.

Laut Bundesinstitut für Risikobewertung werden bei der Verwendung von Kudzu-Wurzel-Extrakten - wie sie als Nahrungsergänzung eingesetzt werden - oft mehr als 290 mg Isoflavone pro Tag zusätzlich zur normalen Ernährung aufgenommen, viele Produkte sind mit 500-1.000 mg/Tag dosiert. Die übliche tägliche Aufnahmemenge für Isoflavone liegt bei 2 mg.

Unser Tipp:
Mit einer pflanzenreichen und abwechslungsreichen Kost, die bei guter Verträglichkeit auch Sojaprodukte enthalten kann, werden neben Phytoöstrogenen noch viele andere wertvolle Nahrungsinhaltsstoffe wie beispielsweise weitere sekundäre Pflanzenstoffe, Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe aufgenommen.

 

Weitergehende Informationen:

Isoflavone - Hilfe in den Wechseljahren?

Wechseljahre: Krebsrisiko durch Hormone? Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen – was dagegen hilft und nicht schadet, Krebsinformationsdienst, Stand: 19.06.2023

Wechseljahrsbeschwerden. gesundheitsinformation.de, Stand: 02.01.2023

 

Quellen:


Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Risikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen Zubereitungen. 2., ergänzte Auflage 2013. (zuletzt abgerufen am 05.02.2025)

BGH-Urteil vom 16. April 2015 · Az. I ZR 27/14 (Bohnengewächsextrakt) (zuletzt abgerufen am 05.02.2025)

Memorial Sloane Kettering Cancer Center: Kudzu. Stand: 04.02.2022 (zuletzt abgerufen am 05.02.2025)

EU-Novel-Food-Katalog: Pueraria montana var. lobata (Willd.), Stand: 01.09.2023  (zuletzt abgerufen am 05.02.2025)

BVL: Bericht RASFF-Schnellwarnsystem 2020 (zuletzt abgerufen am 05.02.2025)

RASFF-Abfrage Kudzu (zuletzt abgerufen am 05.02.2025)

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