Die Vereinnahmung des Flugpreises sofort nach der Buchung ist nicht zu beanstanden

Stand:
LG Berlin vom 18.03.2014 (16 O 340/13)
Off

Die Einziehung des Flugpreises stellt nach Ansicht des LG Berlin weder eine belästigende noch eine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb dar. Auch erweise sich diese Praxis nicht wegen einer Missachtung der fachlichen Sorgfalt als unlauter.

Die ständige Praxis, den Flugpreis ohne Rücksicht auf den Flugtermin in jedem Fall zeitnah nach der Buchung zu vereinnahmen, erfülle aber das in § 306a BGB formulierte Umgehungsverbot und unterliege daher in gleicher Weise der Inhaltskontrolle wie eine Klausel, die die sofortige Einziehung des Flugpreises ausdrücklich gestattet. Allerdings halte sie der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand.

Der Fluggastbeförderungsvertrag sei nicht als reiner Werkvertrag, sondern als Vertrag eigener Art einzuordnen. Trotz seiner werkvertraglichen Elemente unterscheide er sich vom gesetzlichen Leitbild dadurch, dass der Unternehmer aus der Natur der Sache heraus kein Unternehmerpfandrecht erwerbe, aus dem er sich nach Erbringung seiner Vorleistung notfalls befriedigen könne. Auch sonstige Sicherungsmittel, wie z. B. im Baubereich die Bauhandwerkersicherungshypothek, versagten hier. Die Fluggesellschaft habe daher ein anerkennenswertes Interesse daran, nicht in Vorleistung treten zu müssen, sondern den vollständigen Flugpreis vor Reiseantritt vereinnahmen zu dürfen. Auch überwiege das Interesse der Fluglinie an einer frühzeitigen vollständigen Bezahlung das Interesse der:des Verbraucher:in, den Reisepreis in Form einer Anzahlung und einer Restzahlung erbringen zu dürfen. Der:Die Kund:in könne den Zeitpunkt seiner Buchung frei bestimmen und sei nicht gezwungen, bereits mehrere Monate vor Reiseantritt ein Flugticket zu erwerben, sondern könne zunächst abwarten. Die:Der Verbraucher:in "erkaufe" sich durch die frühzeitige Buchung einen günstigen Reisepreis, müsse aber im Gegenzug bis zum Reiseantritt das Insolvenzrisiko tragen, wobei sie:er auch dieses durch eine Versicherung absichern könne. Eine Anzahlung mit späterer Restzahlung bedeute einen erhöhten Verwaltungsaufwand für die Fluggesellschaften, dessen Kosten wiederum zum Nachteil der Verbraucher:innen auf die Preise aufgeschlagen würden. Die:Der Verbraucher:in könne nicht beide Vorteile - einen günstigen Flugpreis und späte Bezahlung - für sich in Anspruch nehmen. Eine Untersagung dieser über die Landesgrenzen hinaus praktizierten Gepflogenheit griffe zum Nachteil der hiesigen Fluggesellschaften tiefgreifend in den europäischen Wettbewerb ein.

Das Urteil ist rechtskräftig.

LG Berlin vom 18.03.2014 (16 O 340/13).pdf

Ratgeber-Tipps

Ab jetzt finanziell unabhängig
Frauen sind durchschnittlich weniger vermögend als Männer. Ihr Verdienst ist – häufig wegen Teilzeitarbeit – geringer.…
Das Vorsorge-Handbuch
Wer sich wünscht, selbstbestimmt zu leben und Entscheidungen zu treffen, und sich wünscht, das auch am Lebensabend zu…
Vodafone-Firmenschild vor Hochhaus

Sammelklage gegen Vodafone: Jetzt anmelden!

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) verklagt Vodafone Kabel wegen unzulässiger Preiserhöhungen. Das Oberlandesgericht Hamm hat nun eine mündliche Verhandlung für den 3. Dezember 2025 angesetzt. Damit ist der 24. Dezember voraussichtlich der letzte Tag, an dem sich Betroffene für die Klage an- oder abmelden können.
Karten von Eventim

Verlegte Veranstaltungen: Urteil und Musterklage gegen Eventim

Die Erstattung von Vorverkaufsgebühren für Veranstaltungstickets kann nach dem Urteil des LG München I nicht pauschal in AGB ausgeschlossen werden. Verbraucher:innen berichten aber, dass Eventim weiterhin Gebühren einbehalte. Dagegen klagt nun der vzbv. Ab sofort ist das Klageregister eröffnet.
Eine Frau blickt auf eine digitale Anzeige.

"Meta AI" bei Facebook, Instagram und WhatsApp – so widersprechen Sie

Meta will in Europa öffentliche Nutzerinhalte fürs Training der KI "Meta AI" verwenden. Das hat auch etwas mit dem blauen Kreis im Facebook Messenger, bei Instagram und WhatsApp zu tun. Sie können der Nutzung Ihrer Daten widersprechen, den Chatbot mit dem blauen Kreis aber nicht abschalten.