Kein pauschaler Ausschluss von Erstattung der Vorverkaufsgebühr in AGB

Stand:
OLG München vom 08.12.2022 (29 U 4380/21)
LG München I vom 09.06.2021 (37 O 5667/20)
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Die Erstattung von Vorverkaufsgebühren für Veranstaltungstickets kann nach dem Urteil des LG München I nicht pauschal in AGB ausgeschlossen werden. Denn bei Vorliegen eines Kommissionsgeschäfts haben Verbraucher:innen Anspruch auf Erstattung der Vorverkaufsgebühren gegen den Veranstalter.

CTS Eventim war in den vorliegenden Fällen mit der Rückerstattung seitens der Veranstalter beauftragt. Verbraucher:innen wurde zwar den Ticketpreis erstattet, aber nicht in voller Höhe. Der Ticketvermittler hat Beträge einbehalten und sich dabei auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) berufen. Dort hieß es:

„Die im Ticketpreis enthaltene Vorverkaufsgebühr fällt als Entgelt für die erfolgreiche Vermittlung des Tickets unmittelbar bei dessen Verkauf an. Im Falle von Absagen oder Verlegungen von Veranstaltungen durch den Veranstalter oder aus sonstigen Gründen kann die Vorverkaufsgebühr daher nicht erstattet werden.“

Das LG München I hat sich mit den verschiedenen Vertragsarten auseinander gesetzt, mittels derer CTS Eventim Tickets für Veranstaltungen verkauft:

  • Eigenveranstaltungen: Bei der Eigenveranstaltung ist CTS Eventim Ticketverkäufer einer eigenen Veranstaltung.
  • Vermittlungsgeschäft: Beim Vermittlungsgeschäft tritt CTS Eventim lediglich als Handelsvertreter auf und könnte gegen Verbraucher:innen einen Anspruch aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag im Zusammenhang mit der erbrachten Leistung haben.
  • Kommissionsgeschäft: Beim Kommissionsgeschäft handelt CTS Eventim dagegen im eigenen Namen und auf fremde Rechnung. In dieser Konstellation haben Verbraucher:innen den Anspruch auf Rückerstattung des Ticketpreises wegen Absage oder Verlegung der Veranstaltung gegen den jeweiligen Veranstalter.

Der Ausschluss der Erstattung von Vorverkaufsgebühren sollte nach der streitgegenständlichen Klausel unabhängig von der Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen gelten, also sowohl bei einer bloßen Vermittlungsleistung durch CTS Eventim als auch beim Verkauf im eigenen Namen und auf fremde Rechnung (Kommissionsgeschäft).

Diese Klausel ist nach Ansicht des Gerichts unwirksam. In den Fällen, in denen CTS Eventim die Tickets auf Kommissionsbasis, also im eigenen Namen und auf fremde Rechnung, verkaufe, benachteilige die Klausel den Kunden in unangemessener Weise.

Zudem hielt das Gericht die Klausel insgesamt für intransparent. In denen der Verbraucherzentrale NRW vorliegenden Fällen war die Höhe der Vorverkaufsgebühr beim Abschluss des Ticket-Kaufvertrages nicht gesondert ausgewiesen. Daher könnten Verbraucher:innen nach Ansicht des Gerichts das wirtschaftliche Risiko, das sich aus dem in der Klausel angeordneten Ausschluss der Erstattungsfähigkeit ergebe, nicht abschätzen.

Das Landgericht München hält allerdings den Verweis, dass Tickets für Nachholtermine ihre Gültigkeit behalten und deswegen nicht zurückgegeben werden können, für eine zulässige Rechtsmeinung und folgt nicht der Auffassung der Verbraucherzentrale NRW. Dies bestätigte auch das OLG München in seinem Urteil. Zum Zeitpunkt der E-Mails an die Verbraucher:innen sei die Auffassung von CTS Eventim, dass eine Stornierung der Tickets nicht möglich sei, aufgrund der völlig außergewöhnlichen Situation in einer Pandemie und aufgrund der Uneinigkeit in Rechtsprechung und Schrifttum vertretbar gewesen. Ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass es sich nur um die eigene Rechtsauffassung von CTS Eventim (bzw. diejenige des Veranstalters) handelt, war nach Auffassung des OLG München aber entbehrlich. Der durchschnittliche Verbraucher verstand die Äußerungen des Ticketvermittlers nämlich eindeutig als zulässige Rechtsansicht.

Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG München vom 08.12.2022 (29 U 4380/21)

LG München I vom 09.06.2021 (37 O 5667/20)

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