Der klassische Weg, um Geld aus der eigenen Immobilie zu bekommen, ist die Aufnahme eines Kredits. Dies ist mit einem Seniorenkredit auch ohne eine Tilgung des Kreditbetrags möglich. Wir erklären wie.
Das Wichtigste in Kürze:
- Seniorenkredite ermöglichen eine Beleihung der eigenen Immobilie, ohne monatliche Tilgung. Die Rückzahlung erfolgt meist erst am Ende der Laufzeit, häufig durch den Verkauf der Immobilie.
- Die finanzielle Belastung ist geringer als bei klassischen Krediten. Da keine Tilgung anfällt, müssen Kreditnehmer:innen nur die anfallenden Zinsen zahlen.
- Eine Anschlussfinanzierung kann nötig sein. Falls Sie Ihre Immobilie länger behalten möchten als geplant, kann eine neue Finanzierung erforderlich sein – jedoch ohne Garantie auf gute Konditionen.
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Was ist ein Seniorenkredit?
Um zu verstehen, wie ein Seniorenkredit funktioniert, ist es sinnvoll, den Vergleich mit einem klassischen Kredit zu ziehen. Wer zum Bau oder für den Kauf einer Wohnimmobilie Geld benötigt, nimmt üblicherweise einen klassischen Kredit in der Form eines Annuitätendarlehens auf. Bei diesem werden gleichbleibende monatliche Raten an die Bank gezahlt. Die Raten setzen sich zusammen aus der Tilgung und den Zinsen. Der Tilgungsanteil stellt die Rückzahlung des Darlehens an die Bank dar. Der Zinsanteil ist der Preis für die Nutzungsmöglichkeit des zur Verfügung gestellten Kreditbetrags. Die Jahreszahlung wird Annuität genannt (daher der Begriff „Annuitätendarlehen“). Bei einem klassischen Kredit versucht man in aller Regel durch eine von Anfang an möglichst hohe Tilgung den Kreditbetrag so schnell wie möglich zurückzuzahlen, da so weniger Zinsen zu zahlen sind.
Bei einem Seniorenkredit hingegen möchte man den Kreditbetrag möglichst lange zur freien Verfügung haben und die laufenden monatlichen Raten so gering wie möglich halten. Der Kreditbetrag wird ohne laufende Tilgungen erst am Ende in einer Summe zurückgezahlt. Dafür nimmt man in Kauf, über den gesamten Zeitraum des Kredites gleichbleibend hohe Zinsen zu zahlen.
Zum Ende der Laufzeit muss der Kredit jedoch in kompletter Höhe des Darlehensbetrages zurückgezahlt werden. Üblicherweise erfolgt die Rückzahlung durch den Verkauf der Immobilie. Die Laufzeit des Kredits sollte daher so gewählt werden, dass diese zu den eigenen Planungen passt. Entscheidet man sich, die Immobilie doch länger als die vereinbarte Kreditlaufzeit nutzen zu wollen, wird eine Anschlussfinanzierung erforderlich. Ob und zu welchen Konditionen eine Anschlussfinanzierung möglich ist, ist nicht sicher.
Anbieter von Darlehen beziehungsweise Seniorenkrediten sind Banken, Sparkassen und andere Kreditgeber.
Was sind die Vorteile eines Seniorenkredits?
- Sie bleiben Eigentümer oder Eigentümerin Ihrer Immobilie.
- Ihre finanzielle Belastung ist niedriger als bei einem herkömmlichen Kredit, da Sie nur Zinsen aber keine Tilgung zahlen.
- Es handelt sich um ein einfaches und bewährtes Produkt, da es ähnlich funktioniert wie ein klassischer Kredit.
- Sie haben die Wahl zwischen einem festen oder einem variablen Zinssatz. Aber Vorsicht, variable Zinssätze sind deutlich risikoreicher.
- Das Angebot richtet sich ausdrücklich an Seniorinnen und Senioren (60+).
Welche Nachteile hat ein Seniorenkredit?
- Die Kreditschuld bleibt bestehen, da Sie den Kreditbetrag nicht tilgen.
- Bei Bedarf kann eine Anschlussfinanzierung erforderlich sein, zum Beispiel falls Sie am Ende der Laufzeit die Immobilie doch nicht verkaufen möchten.
- Bei vorzeitiger Ablösung des Kredites kann eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen
- Vor dem Abschluss eines Seniorendarlehens, darf Ihre Immobilie mit keinen anderen Restschulden mehr belastet sein. Diese müssen Sie also vorher umschulden oder ablösen.
- Bislang bieten nur wenige Banken und Sparkassen Seniorenkredite an. Die Anbieter werden daher meist keine Filiale bei Ihnen vor Ort haben.
Wonach richtet sich der zu erwartende Kreditbetrag?
Die Höhe des Kredits richtet sich im Wesentlichen nach:
- dem Wert der Immobilie
- dem Verwendungszweck des Kredits (z.B. energetische Maßnahmen erwirken eine Wertsteigerung der Immobilie)
Hier ein fiktives Rechenbeispiel, das die Funktionsweise erläutern soll:
Angenommen, ein Verbraucher ist 66 Jahre alt, bezieht Rente und besitzt ein abgezahltes Haus im Wert von 350.000 €, verfügt aber über kein wesentliches freies Vermögen. Er möchte sein Haus für ca. 60.000 € energetisch sanieren, für ca. 30.000 € einige seniorengerechte Umbauten vornehmen und für ca. 30.000 € noch Reisen unternehmen. Der Finanzierungsbedarf würde somit 120.000 € betragen.
Der Verbraucher entscheidet sich, einen Seniorenkredit aufzunehmen, bei dem er keine Tilgung leisten muss. Bei einer maximalen Beleihung der Immobilie von 40 % ergäbe sich eine Kredithöhe von höchstens 140.000 €. Dem Verbraucher in unserem Beispiel reicht jedoch ein Kreditbetrag von 120.000 € und er vereinbart mit der Bank eine Laufzeit von 20 Jahren bei 4 % Zinsen pro Jahr (der Zinssatz ist lediglich ein Beispiel und hängt vom aktuellen Zinsniveau und der jeweiligen Bank beziehungsweise Sparkasse ab). Der Kreditbetrag soll nach 20 Jahren aus dem Verkauf des Hauses zurückgezahlt werden.
Da der Kredit tilgungsfrei ist, zahlt der Verbraucher nur Zinsen, welche über die gesamte Laufzeit gleich bleiben. Die Zinsen belaufen sich in diesem Beispiel auf monatlich 400 € (120.000 € x 4 % pro Jahr = 4.800 € pro Jahr / 12 Monate pro Jahr = 400 € pro Monat). Am Ende der 20 Jahre Laufzeit wurden in Summe 96.000 € an Zinsen gezahlt. Aufgrund der Endfälligkeit des Darlehens muss nach 20 Jahren der Kreditbetrag in voller Höhe zurückgezahlt werden. Die Rückzahlung des Kreditbetrags wird gemäß der ursprünglichen Planung aus dem Verkauf der Immobilie vorgenommen. Es gibt jedoch noch andere Rückzahlungsmöglichkeiten. Falls sich beispielsweise Angehörige beziehungsweise mögliche Erben entscheiden, die Immobilie übernehmen zu wollen, könnten diese die Rückzahlung aus Eigenkapital oder einer Umschuldung auf einen klassischen Kredit vornehmen.
Bitte beachten Sie, dass in dieser Rechnung noch keine Gebühren wie zum Beispiel für die Eintragung der Grundschuld berücksichtigt sind. Die verschiedenen Gebühren führen dazu, dass der zur Verfügung stehende Betrag geringer ausfällt. Es handelt sich lediglich um eine beispielhafte schematische Darstellung, um die Systematik zu verdeutlichen.
Was ist zu beachten?
Die Immobilie dient als Sicherheit für den Kredit. Der Kreditbetrag beträgt in aller Regel maximal 40-50 Prozent des Immobilienwertes. Wird der Kredit für eine (energetische) Sanierung benötigt, wird dies positiv bei der Kreditvergabe berücksichtigt. Die Auszahlung des Kreditbetrages erfolgt in einem Betrag und nicht in monatlichen Raten. Die Höhe des Kreditbetrags hängt vom Kapitalbedarf und dem aktuellen Marktwert des Hauses beziehungsweise der Eigentumswohnung ab. Die Laufzeit des Kredits kann grundsätzlich frei (teils bis zu 40 Jahre) vereinbart werden. Die Tilgung erfolgt erst am Ende der Kreditlaufzeit - meist durch den Verkauf der Immobilie. Falls jedoch – zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen – ein früherer Auszug aus dem Haus erforderlich ist und die Immobilie deshalb vor Ende der vereinbarten Darlehenslaufzeit und Zinsfestschreibungszeit verkauft werden muss, kann es sein, dass der Anbieter eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt.
Ein Wertüberschuss aus dem Verkauf steht den Immobilieneigentümerinnen und -eigentümern zu beziehungsweise fließt ins Erbe. Statt eines Kredits mit einem festgelegten Zinssatz über die gesamte Laufzeit gibt es auch Angebote mit variablem Zinssatz. Dies bedeutet eine hohe Flexibilität, aber auch ein Risiko, da die Zinsen auch erheblich ansteigen können. Eine Vorfälligkeitsentscheidung bei vorzeitigem Verkauf der Immobilie kann bei einem Kredit mit variablen Zinsen nicht anfallen.
Für wen kommt ein Seniorenkredit in Frage?
Ob diese Darlehensvariante die passende ist oder andere Varianten aus dem Bereich der Immobilienverrentung passende Alternativen darstellen, ist sehr individuell abzuwägen und lässt sich pauschal nicht beantworten. Die Variante des Seniorenkredits ist passend für Immobilieneigentümer:innen, wenn
- sie weiter Eigentümer oder Eigentümerin Ihrer Immobilie bleiben wollen. Dadurch bleibt die Möglichkeit erhalten, die Immobilie zu vererben.
- sie eine Einmalzahlung statt monatlicher Auszahlungen im Alter aus ihrer Immobilie benötigen.
- der Wert ihrer Immobilie mindestens 250.000 € beträgt.
- ihre Immobilie schuldenfrei ist.
- sie ein einfaches und bewährtes Produkt bevorzugen.
- sie das - bei manchen Anbietern erforderliche - Mindestalter von zum Beispiel 60+ erreicht haben.
Wichtig ist, sich von Anfang an einen Überblick über mögliche entstehende Kosten, monatliche Belastungen oder Anschlussfinanzierungen zu verschaffen, die besonders dann eine Herausforderung darstellen, wenn sich die Lebenspläne ändern und es zu früheren oder späteren Immobilienverkäufen kommt.