Was ist Alternativmedizin und welche Risiken birgt sie?

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Jenseits der wissenschaftlich begründeten, evidenzbasierten Medizin wird gegenüber Verbraucher:innen auch im Internet für unkonventionelle Diagnose- und Behandlungsmethoden geworben, die zum Teil kritisch zu sehen sind und Risiken bergen. Wir klären Sie darüber auf, was dahinter steckt.
Akupunkturnadeln, Tabletten und Pflanzen auf einer Schiefertafel

Das Wichtigste in Kürze:

  • Im Gegensatz zur evidenzbasierten Medizin fehlt es bei der Alternativmedizin an wissenschaftlichen Wirkungsnachweisen.
  • Es gibt auch approbierte Ärztinnen und Ärzte, die Alternativmedizin anbieten. Bei Heilpraktiker:innen sind Methoden der Alternativmedizin jedoch häufiger anzutreffen.
  • Auch wenn die Alternativmedizin oft als "sanfte Medizin" bezeichnet wird, kann sie erhebliche Gesundheitsrisiken mit sich bringen, beispielsweise wenn notwendige medizinische Behandlungen nicht oder zu spät eingeleitet werden.
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Was ist Alternativmedizin im Vergleich zur Komplementärmedizin?

Im Grunde geht es diesen Teilbereichen der Heilkunde darum, alternative oder ergänzende Heilbehandlungen zur klassischen Medizin anzubieten.  Die Alternativmedizin tritt somit an die Stelle der klassischen Medizin, während die Komplementärmedizin diese lediglich ergänzen soll. Im Gegensatz zur evidenzbasierten Medizin (EbM), die auf Basis von klinischen Studien nach wissenschaftlich anerkannten Standards praktiziert wird, fehlen derartige Studien als Wirkungsnachweis bei alternativen oder komplementären Therapierichtungen.

Wenn positive Erfahrungen mit alternativen Behandlungsmethoden wie etwa Naturheilverfahren, Homöopathie oder Osteopathie beschrieben werden, spricht man vom Placebo-Effekt oder  auch von einer "anekdotischen Evidenz". Im Gegensatz zur streng wissenschaftlichen Herangehensweise handelt es sich meist um subjektive und retrospektive Betrachtungen von Heilerfolgen. Dennoch gibt es beispielsweise für die komplementärmedizinische Behandlung von Krebspatient:innen eine S3-Leitlinie, also eine medizinische Leitlinie der höchsten Qualitätsstufe.

Wenden nur Heilpraktiker:innen die Alternativmedizin an?

Nein, es gibt auch approbierte Ärztinnen und Ärzte, die Alternativmedizin praktizieren. Die Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer, die den Landesärztekammern als Grundlage ihrer Weiterbildungsordnungen dient, kennt unter anderem die Zusatz-Weiterbildungen Homöopathie, Akupunktur (Behandlungsmethode der traditionellen chinesischen Medizin) oder Naturheilverfahren.

Viele Landesärztekammern haben sich jedoch bereits dazu entschieden, die Zusatzweiterbildung Homöopathie aus ihren Weiterbildungsordnungen zu streichen. Dies wurde erst kürzlich vom Bundesverwaltungsgericht als rechtmäßig bestätigt (BVerwG, Beschluss vom 11.1.2022 – 3 BN 6.21). Das Bundesverwaltungsgericht wies eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das vorangegangene Urteil des Oberverwaltungsgericht Bremen (Urteil vom 02.06.2021 – Az. 2 D 214/20) zurück.

Bei Heilpraktiker:innen sind Methoden der Alternativmedizin jedoch häufiger anzutreffen. Dies betrifft zum Beispiel die Bereiche der Homöopathie, Osteopathie oder Bioresonanztherapie.

Welche Risiken bringt die alternative Medizin mit sich?

Auch wenn die Alternativmedizin oft als "sanfte Medizin" bezeichnet wird, kann sie erhebliche Gesundheitsrisiken mit sich bringen. 2016 verstarben drei Patient:innen nach einer alternativmedizinischen Krebstherapie mit 3-Bromopyruvat durch einen Heilpraktiker in einer Praxis für Naturheilkunde. Der Behandelnde wurde im Jahr 2019 vor dem Landgericht Krefeld der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen. Auch wenn der Gesetzgeber hierauf reagiert und die Herstellung verschreibungspflichtiger Arzneimittel strengeren Regeln unterworfen hat, zeigt dieses Beispiel, dass auch die Alternativmedizin in Einzelfällen schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben kann.

Wichtig: Auch gegenüber Behandelnden, die alternative Medizin anwenden, haben Sie ein Recht auf eine gründliche Aufklärung (§ 630e BGB). Dies betrifft insbesondere die Risiken, Heilungschancen und Alternativen der beabsichtigten Behandlung. Parallel dazu können und sollten Sie sich selbst Informationen aus seriösen Quellen zu der Frage einholen, wie erfolgsversprechend eine Heilbehandlung oder ein Arzneimittel wirklich ist.

Ein weiteres Risiko der Alternativmedizin liegt darin, dass möglicherweise notwendige medizinische Behandlungen nicht oder zu spät eingeleitet werden können. Insofern liegt die Gefahr häufig nicht in der alternativen Behandlung an sich, sondern dem gleichzeitigen Unterbleiben wirksamer Therapien, die in der Hoffnung auf einen Heilungserfolg durch die Alternativmedizin versäumt werden.

So warnt etwa der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums unter Berufung auf eine US-amerikanische Studie, dass Patient:innen ihre Überlebenschance gefährden würden, wenn sie sich anstelle der nachgewiesenermaßen wirksamen Krebstherapien für Komplementär- und Alternativmedizin (KAM) entscheiden.

Im Gegensatz zum Arztberuf ist das Heilpraktikerwesen zudem kaum gesetzlich geregelt: Die Voraussetzungen für die Zulassung und Überprüfung von Heilpraktiker:innen werden darin nicht genau definiert. Zwar gibt es sogenannte Durchführungsverordnungen der einzelnen Bundesländer, die jedoch ebenfalls oft veraltet und rechtlich umstritten sind.

Nach einem vom Bundesgesundheitsministerium eingeholten und im Jahr 2021 veröffentlichten Rechtsgutachten sind diese Regelungen sogar in weiten Teilen verfassungswidrig. Verbraucher:innen muss zudem klar sein, dass die Inhalte der Heilpraktikerausbildung nicht genau vorgeschrieben sind, die Ausbildung meist nur 1 bis 2 Jahre dauert und dementsprechend sowohl zeitlich als auch inhaltlich nicht annähernd an die staatliche Berufsqualifikation von Ärztinnen und Ärzten heranreicht.

Welche alternativmedizinischen Behandlungen zahlt die Krankenkasse?

Nach § 2 Abs. 1 SGB V sind Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen nicht kategorisch von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgeschlossen. Sachleistungen der Krankenkassen müssen aber dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen.

Daher gehören die allermeisten alternativmedizinischen Behandlungen nicht zum gesetzlichen Leistungsspektrum der Krankenkassen. Nach Auffassung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), des höchsten Beschlussgremiums des Gesundheitswesens, fehlt unter anderem bei Methoden wie Ozontherapie, Bioresonanztherapie oder Colon-Hydro-Therapie der wissenschaftlich erwiesene Nutzen.

Viele Krankenkassen erstatten jedoch beispielsweise die Kosten für homöopathische Arzneimittel als sogenannte Satzungsleistung, um damit neue Mitglieder zu werben, die sich für diese Behandlungsmethoden interessieren. Für diese Arzneimittel wird allerdings im Internet teilweise in fragwürdiger Weise geworben.

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