Privatinsolvenz – in 3 Jahren schuldenfrei?

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Nach der Insolvenzordnung können sich überschuldete Verbraucher:innen in der Regel innerhalb von 3 Jahren von ihren Schulden befreien. Hier erfahren Sie alles, was Sie über Privatinsolvenz, auch Verbraucherinsolvenz genannt, wissen müssen, und bekommen wertvolle Tipps.
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Das Wichtigste in Kürze:

  • Durch das Privatinsolvenzverfahren können überschuldete Verbraucher:innen in der Regel innerhalb von 3 Jahren schuldenfrei werden
  • Die dreijährige Dauer gilt für alle Verfahren, die seit dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden.
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Was genau bedeutet Privat- oder Verbraucherinsolvenz?

Die Insolvenzordnung bietet überschuldeten Verbraucher:innen die Möglichkeit, sich in der Regel innerhalb von 3 Jahren (zuzüglich der außergerichtlichen Vorbereitungszeit) von ihrem Schuldenberg zu befreien.

Selbst dann, wenn während der gesamten Verfahrenslaufzeit kein pfändbares Einkommen oder Vermögen erzielt werden kann. Durch die Regelung der Kostenstundung können so auch völlig Mittellose an dem Verfahren teilnehmen und eine Entschuldung erreichen.

Der Vorgang heißt juristisch korrekt Verbraucherinsolvenz, wird allgemein aber auch als Privatinsolvenz bezeichnet.

Wie funktioniert das Verbraucherinsolvenzverfahren?

Als Betroffene:r können Sie beim zuständigen Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens stellen, verbunden mit dem Antrag auf Erteilung der "Restschuldbefreiung". Vorab aber müssen Sie versuchen, sich mit den Gläubigern über die Schuldenrückführung außergerichtlich zu einigen. An diesem Einigungsversuch muss eine geeignete Insolvenzberatungsstelle oder eine geeignete Person, zumeist ein Rechtsanwalt, mitwirken.

Zumindest muss eine persönliche Beratung mit eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse stattgefunden haben. Gelingt eine solche Einigung nicht, werden die Schulden in einem Insolvenzverfahren förmlich festgestellt. Eventuell noch vorhandene pfändbare Vermögenswerte werden verwertet und der Erlös an die Gläubiger verteilt. Danach schließt sich die sogenannte "Wohlverhaltensphase" an, die zusammen mit dem Insolvenzverfahren regelmäßig 3 Jahre dauert.

Während dieser Zeit müssen Sie als Schuldner das pfändbare Einkommen an einen Treuhänder abtreten. Dieser verteilt die eingezogenen Beträge an seine Gläubiger. Reichen diese Beträge nicht aus, um die gesamten Schulden zu tilgen, werden Ihnen nach Ablauf des Verfahrens die restlichen Schulden erlassen. Sind Sie so mittellos, dass trotz Ihrer Bemühungen während der Laufzeit des Verfahrens keine Vermögenswerte oder pfändbare Einkünfte verteilt werden, werden Sie von der Zahlungspflicht für Ihre gesamten Schulden befreit.

Das Verfahren läuft in folgenden Schritten ab:

  • 1. Außergerichtlicher Einigungsversuch
    (Voraussetzung für die Antragstellung)
  • 2. Antragstellung beim Insolvenzgericht
    (Inkl. Bescheinigung einer geeigneten Stelle oder Person über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs)
  • 3. Evtl. Schuldenbereinigungsverfahren
    (Weiterer Versuch einer Einigung mit den Gläubigern mit Unterstützung des Gerichts, soweit dieses einen erneuten Versuch für sinnvoll erachtet)
  • 4. Insolvenzverfahren
    (Feststellung der Vermögens- und Schuldensituation, ggf. Verwertung vorhandenen pfändbaren Vermögens)
  • 5. Evtl. Insolvenzplanverfahren
    (Sanierungsverfahren im Insolvenzverfahren unter Mitwirkung des Gerichts, der Gläubiger und des Insolvenzverwalters)
  • 6. Wohlverhaltensphase
    (Abtretung des pfändbaren Einkommens an Insolvenzverwalter, Verpflichtung zu zumutbarer Arbeit, Mitteilung wesentlicher Veränderungen an Gericht und Insolvenzverwalter)
    Dauer: regelmäßig 3 Jahre, beginnend mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Wie lange dauert das Verbraucherinsolvenzverfahren?

Die Verbraucherinsolvenz dauert im Regelfall 3 Jahre. Dies gilt für alle Verfahren, die seit dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden.

Für Verfahren, die zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 30. September 2020 beantragt wurden, gilt folgende Übergangsregelung:

  • Antrag ab 17. Dezember 2019: 5 Jahre 7 Monate
  • Antrag ab 17. Januar 2020: 5 Jahre 6 Monate
  • Antrag ab 17. Februar 2020: 5 Jahre 5 Monate
  • Antrag ab 17. März 2020: 5 Jahre 4 Monate
  • Antrag ab 17. April 2020: 5 Jahre 3 Monate
  • Antrag ab 17. Mai 2020: 5 Jahre 2 Monate
  • Antrag ab 17. Juni 2020: 5 Jahre 1 Monate
  • Antrag ab 17. Juli 2020: 5 Jahre 0 Monate
  • Antrag ab 17. August 2020: 4 Jahre 11 Monate
  • Antrag ab 17. September bis 30. September 2020: 4 Jahre 10 Monate

Für Verfahren, die bereits vor dem 17. Dezember 2019 beantragt wurden, gilt eine Restschuldbefreiungsfrist von insgesamt 6 Jahren. Diese Verfahrensdauer kann unter bestimmten Voraussetzungen auf 5 oder 3 Jahre verkürzt werden.

Ändert sich an der Verfahrensdauer etwas, wenn ich ein zweites Verfahren durchlaufen möchte?

Ja, die Dauer eines zweiten Verfahrens verlängert sich, wenn die Restschuldbefreiung bereits einmal erlangt worden ist. Für Zweitverfahren gilt eine Dauer von 5 Jahren, wenn dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden ist.

Kann ich auch als Empfänger von Arbeitslosengeld I oder II ein Insolvenzverfahren durchlaufen?

Grundsätzlich ja. Sie sind zwar verpflichtet, sich während der Dauer des Verfahrens aktiv um Arbeit zu bemühen und jede zumutbare Arbeit anzunehmen. Wenn Sie jedoch keine finden, können Sie trotzdem von Ihren Schulden befreit werden, auch wenn die Gläubiger überhaupt keine Zahlungen erhalten haben. Wichtig ist jedoch, dass Sie Ihre Bemühungen - wie zum Beispiel regelmäßige Bewerbungen - auch nachweisen können.

Was passiert, wenn ich während des Verfahrens arbeitslos werde?

Kein Problem, Sie können trotzdem von ihren Schulden befreit werden. Sie müssen sich aber aktiv um einen neuen Arbeitsplatz bemühen und dies auch nachweisen können. Die Aufnahme einer Arbeitstätigkeit muss allerdings auch zumutbar sein, was z. B. bei der Erziehung von kleinen Kindern unter Umständen nicht der Fall ist.

Muss ich auch als Rentner:in wieder arbeiten, um von meinen Schulden befreit zu werden? Was ist, wenn ich Sozialhilfe beziehe oder erwerbsunfähig bin?

Wenn Sie das gesetzliche Rentenalter erreicht haben oder aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht erwerbsfähig sind, entfällt im Verfahren die sonst bestehende Arbeitspflicht bzw. Pflicht zur Bemühung um eine Arbeitsaufnahme. Eine Entschuldung ist trotzdem möglich. Anders sieht es jedoch in der Regel aus, wenn Sie vor dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Vorruhestand gegangen sind.

Welche Kosten fallen an und wer bezahlt sie?

Das Verfahren ist kostenpflichtig. Es fallen folgende Kosten an:

  • Gerichtskosten
  • Kosten des Insolvenzverwalters / Treuhänders
  • Gegebenenfalls Anwaltskosten (nur wenn Sie einen eigenen Anwalt beauftragen).

Grundsätzlich werden die Kosten aus der "Masse" bezahlt, also aus dem, was bei Ihnen pfändbar ist. Dies wird häufig jedoch nicht viel sein.

Reichen die eigenen Mittel nicht aus, um die Verfahrenskosten zu decken, so können Ihnen auf Antrag die Kosten für jeden Verfahrensabschnitt gestundet werden.

Das Gericht gewährt die Stundung, soweit keine Gründe vorliegen, die die Restschuldbefreiung ausschließen.

Fließen während des Verfahrens pfändbare Beträge an den Insolvenzverwalter/Treuhänder, so werden zunächst die Kosten ausgeglichen. Sind die Kosten bei Abschluss des Verfahrens noch nicht gedeckt, müssen Sie maximal 4 weitere Jahre zur Tilgung der Kosten beitragen, sofern Sie finanziell dazu in der Lage sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn Sie nach Ablauf des Verfahrens höhere Einkünfte erzielten. Die Stundung kann nachträglich aufgehoben werden, wenn sich Ihre Verhältnisse ändern, Sie falsche Angaben gemacht haben oder Ihren Pflichten nicht nachgekommen sind.

Kann ich mein Vermögen, etwa mein Auto oder eine Eigentumswohnung, behalten und trotzdem entschuldet werden?

Grundsätzlich nein. Ihr vorhandenes Vermögen wird verwertet, Wohneigentum wird versteigert. Ansonsten gelten die Pfändungsvorschriften der Zivilprozessordnung. Das zum Leben Notwendige darf Ihnen nicht weggenommen werden. Ein Auto werden Sie nur dann behalten dürfen, wenn Sie oder ein Familienmitglied es unbedingt brauchen, um damit zur Arbeit zu kommen, bzw. wenn Sie schwerbehindert oder schwer krank sind und deshalb darauf angewiesen sind.

Gleiches gilt, wenn Sie das Fahrzeug für ein schwerbehindertes oder schwer krankes Familienmitglied benötigen. Handelt es sich um ein relativ wertvolles Auto, kann der Insolvenzverwalter trotz Pfändungsschutz einen Austausch vornehmen und Ihnen ein weniger wertvolles Modell zur Verfügung stellen.

Was passiert mit meiner Miet- oder Genossenschaftswohnung?

Miet- oder Genossenschaftswohnungen sind durch die Insolvenz nicht betroffen. Sie müssen die monatlichen Wohnkosten während des Verfahrens weiterhin selbst übernehmen. Die beim Vermieter hinterlegte Kaution wird nicht verwertet, solange Sie in der Wohnung wohnen.

Falls Sie während des eröffneten Insolvenzverfahrens umziehen und die Kaution daraufhin von Ihrem Vermieter zurückerhalten, fällt diese nur dann in die Insolvenzmasse und wird vom Insolvenzverwalter verwertet, wenn dieser die Wohnung vorher nicht freigegeben hatte. In aller Regel wird er dies bereits zu Beginn des Verfahrens tun.

Sie haben also normalerweise nichts zu befürchten und können die zurück gezahlte Kaution zum Beispiel für Ihre neue Wohnung verwenden. Nur wenn die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters ausnahmsweise mal nicht erteilt wurde, würde dieser die Kaution verwerten können. In diesem Falle würde es Ihnen nichts helfen, dass Sie die Kaution für die nächste Kautionszahlung an den zukünftigen Vermieter benötigen.

Während der Wohlverhaltensperiode jedoch müssen Sie die Kaution in keinem Fall mehr an die Masse abgeben. Genossenschaftsanteile sind größtenteils geschützt. Auch hier müssen Sie aber damit rechnen, dass bei einem Wohnungswechsel die freiwerdenden Genossenschaftsanteile unter Umständen verwertet werden können.

Was bleibt mir während des Verfahrens zum Leben?

Das Existenzminimum darf Ihnen niemand nehmen. Wenn Sie Einkommen haben richtet sich das, was Ihnen verbleibt, nach der Pfändungstabelle zu § 850c Zivilprozessordnung. Hier ist - nach Einkommen und Unterhaltspflicht gestaffelt - festgelegt, was Ihnen auf jeden Fall zum Leben verbleiben muss. Unter Umständen kann der Ihnen hiernach verbleibende Betrag aber erhöht werden. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Sie besonders hohe Mieten zahlen müssen oder hohe Kosten für die Fahrt zur Arbeit anfallen.

Werde ich von allen Schulden befreit?

Die Restschuldbefreiung gilt grundsätzlich für alle Schulden, die Sie zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens haben.

Ausnahme: Schulden aus vorsätzlichen Straftaten und ähnliches. Wenn Sie also einen Betrug, eine Körperverletzung oder eine Sachbeschädigung begangen haben, müssen Sie den hierdurch entstandenen Schaden auch weiterhin zahlen.

Ebenso müssen Sie Steuerschulden und Unterhaltsschulden unter Umständen auch nach dem Ende des Verfahren und der Erlangung der Restschuldbefreiung weiter abzahlen, wenn Sie eine Steuerhinterziehung begangen oder Ihre Unterhaltspflicht pflichtwidrig verletzt haben.

Gibt es besondere Pflichten, die ich während des Verfahrens beachten muss?

Ja, Sie haben insbesondere Informations- und Mitwirkungspflichten. Die wichtigsten sind:

  • Offenlegung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse.
  • Informationspflicht über Wohnsitz- und Arbeitsplatzwechsel.
  • Verpflichtung, sich um zumutbare Arbeit zu bemühen.
  • Herausgabe der hälftigen Erbschaft.
  • Herausgabe von Gewinnen aus Gewinnspielen, Lotterien etc. Es gibt allerdings eine Bagatellgrenze für Gewinne von geringem Wert.
  • Hälftige Herausgabe von Geschenken, es sei denn, solche Geschenke sind üblich und gebräuchlich.

Sofern den Auskunftspflichten gegenüber dem Insolvenzgericht nicht oder nur unvollständig nachgekommen wird, kann das Gericht selbst tätig werden und Informationen einholen. Hierzu kann es sich bei öffentlichen Stellen erkundigen. Dies betrifft etwa steuerliche Auskünfte bei den Finanzämtern oder Auskünfte zu angemeldeten Kraftfahrzeugen.

Kann mein Insolvenzverfahren scheitern?

Ja, eine Verbraucherinsolvenz scheitert vor allem dann, wenn das Verfahren unzulässig ist oder die Restschuldbefreiung gerichtlich versagt wird. Dies geschieht vor allem dann, wenn Sie Ihren besonderen Pflichten während des Verfahrens nicht nachgekommen sind. Außerdem kann es auch aus anderen Gründen zu einem Scheitern des Verfahrens kommen. Die wichtigsten sind:

  • Verurteilung wegen einer Insolvenzstraftat.
  • Falschangaben zur Erschleichung von Krediten oder öffentlichen Leistungen, etwa Sozialleistungen.
  • Vermögensverschwendung.
  • Verschleierung von Vermögen, Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen.
  • Kürzlicher Abschluss eines Insolvenzverfahrens.
  • Begründung von unangemessenen Verbindlichkeiten.

Kann ich auch ohne Gerichtsverfahren von meinen Schulden befreit werden?

Unter Umständen ja. Das Gesetz verpflichtet den Schuldner, zunächst eine außergerichtliche Einigung mit seinen Gläubigern zu versuchen.

Wenn sich dieser Einigungsversuch an dem orientiert, was die Gläubiger voraussichtlich im gerichtlichen Verfahren bekommen würden, so kann es sein, dass sie auch einer entsprechenden freiwilligen Vereinbarung zustimmen. Denn auch für die Gläubiger ist die Durchführung des Verfahrens aufwändig und kostspielig.

Gibt es einen Mindestbetrag, den ich auf jeden Fall an die Gläubiger zahlen muss?

Nein, der Gesetzgeber hat bewusst keine Mindestquote eingeführt, um auch Schuldnern ohne Einkommen die Chance auf einen Neuanfang zu ermöglichen.

Was kann ich jetzt schon tun?

Sie können sofort mit den Vorbereitungen beginnen. Hierzu gehören vor allem das Ordnen und Vervollständigen aller Unterlagen über Ihre Gläubiger und die von diesen geltend gemachten Forderungen. Wichtig ist auch, dass Sie sich einen möglichst ehrlichen Überblick über Ihre Einkünfte und Ausgaben verschaffen und diese einmal gegenüberstellen. Die Vereinbarung eines Termins bei einer anerkannten gemeinnützigen Schuldnerberatungsstelle sollte möglichst frühzeitig erfolgen, da diese leider häufig Wartefristen hat.

Dieser Inhalt wurde von der Gemeinschaftsredaktion in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.

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