Miracle Mineral Supplement (MMS): Erhebliche Gesundheitsgefahr

Stand:
MMS - Wundermittel bei verschiedenen Krankheiten? Im Gegenteil: Gesundheitsbehörden warnen.
Fläschchen Tropfen

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Werbung verspricht eine kostengünstige, einfache und schnelle Heilung von Aids, Hepatitis, Krebs und vielen weiteren ernsten Erkrankungen.
  • Tatsächlich gibt es keinen einzigen Nachweis für irgendeine positive Wirkung von MMS.
  • Von der Einnahme geht eine erhebliche Gesundheitsgefahr aus. Von der Verwendung ist dringend abzuraten!
  • MMS enthält die Chemikalie Natriumchlorit. Wird diese durch Zugabe einer Säure "aktiviert", entsteht das als "sehr giftig", "ätzend", "umweltgefährlich" und "brandfördernd" eingestufte Chlordioxid.
  • Nachdem immer öfter vor MMS gewarnt wird, werden stattdessen sehr häufig die Begriffe CDL (für Chlordioxidlösung) oder CDS (Chlordioxide Solution) verwendet.
  • Seit 2020 melden die Giftnotrufzentralen verstärkt Vergiftungen durch MMS - bis hin zu lebensgefährlichen Verätzungen bei Kleinkindern.
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Was steckt hinter der Werbung zu Miracle Mineral Supplement (MMS)?

Die Werbung wie auch die Homepage des "Erfinders" Jim Humble versprechen wahre Wunder: "Für AIDS, Hepatitis A, B und C, Malaria, Herpes, Tuberkulose, die meisten Krebsformen und viele weitere ernste Erkrankungen gibt es nun eine Lösung. Zahlreiche Krankheiten lassen sich jetzt erfolgreich bekämpfen..." Tatsächlich gibt es keine einzige wissenschaftliche Studie, die irgendeine positive Wirkung von MMS belegt und auch für Jim Humbles zahlreiche "Erfahrungsberichte" finden sich keinerlei Nachweise. Das gilt auch für die angebliche Wirkung gegen den SARS-CoV2-Virus - egal was in sozialen Medien derzeit verbreitet wird.

Aktuell wird in den USA gegen MMS-Produkte vorgegangen, die gegen Covid-19 / Corona helfen bzw. davor schützen sollen. Diese könnten via Internetbestellung auch zu uns gelangen. Auch aus Österreich, Italien und der Schweiz gibt es solche amtlichen Warnungen: "Chlordioxidlösungen haben keine Wirkung gegen COVID-19 und es besteht ein begründeter Verdacht auf schädliche Wirkungen." Deutsche Behörden empfehlen Verbraucher:innen, die "MMS" gekauft haben, die Einnahme sofort zu stoppen. Sie sollten sich unbedingt ärztliche Hilfe holen, wenn Sie nach der Verwendung des Produktes eine gesundheitliche Beeinträchtigung bemerken. Restbestände von MMS müssen als Sondermüll entsorgt werden.

Oft wird MMS als Kombination aus zwei Fläschchen angeboten. Es handelt sich dabei um die Natriumchloritlösung und eine Säure in wässriger Form. Beim Mischen der Flascheninhalte entsteht Chlordioxid. Verkauft werden die Präparate oft als Desinfektions- oder Bleichmittel. Mehr dazu im Abschnitt "Was ist MMS?“

Besonders kritisch ist auch das große Angebot von "Ratgebern" zum Thema MMS, oft in Kombination mit Produkten oder der Bewerbung "andere Kunden kauften auch..."

Warum wird vor der Verwendung von MMS gewarnt?

  • Chlordioxid wirkt auf Haut und Schleimhaut je nach Konzentration reizend bis ätzend.
  • Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Nierenversagen, schwere Darmschädigungen und Blutdruckabfall können die Folge sein.
  • Berichtet wird auch von einem Todesfall: So starb eine Frau innerhalb von 12 Stunden nach der Einnahme.
  • Besonders Kinder sind aufgrund ihres geringen Körpergewichts stark gefährdet.
  • Falls bereits Gesundheitsstörungen oder Nebenwirkungen aufgetreten sind, suchen Sie bitte unverzüglich ärztliche Hilfe.

Auch in Deutschland sind Fälle von unerwünschten Wirkungen nach der Verwendung von "MMS" bekannt geworden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät von der Einnahme und der Verwendung von "MMS" dringend ab. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) warnte schon 2014 vor der Einnahme von "MMS" durch Menschen und vor der Verwendung bei Tieren.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sieht diese Produkte als bedenklich an, weil der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein vertretbares Maß hinausgehen.

Im Mai 2014 hatte das BfArM eine Warnung herausgegeben, nachdem "MMS" verstärkt über Spam-E-Mail und unsichere Internet-Quellen gemeinsam mit einer verdünnten Säure als Hilfe gegen Krebs, Malaria, chronische Infektionen und weitere Krankheiten beworben wurde. Am 26. Februar 2015 hat das BfArM zwei "MMS"-Produkte als zulassungspflichtig und bedenklich eingestuft. Nach Auffassung des BfArM handelt es sich um sogenannte Präsentations­arzneimittel, weil der Hersteller eindeutige Heilversprechen macht und arzneiliche Zweckbestimmungen angibt. Außerdem verweist der Hersteller im Internet auf ein Buch, in dem Anwendung und Wirksamkeit von MMS etwa bei Malaria und Krebs beschrieben werden. Hierzu ist inzwischen das oben beschriebene Urteil des Bundesgerichtshofs ergangen.

Auch die US Food & Drug Administration (FDA) wiederholte im August 2019 ihre Warnung an die Verbraucher aus dem Jahr 2010 vor den gefährlichen und möglicherweise lebensbedrohlichen Nebenwirkungen der nicht zugelassen Multi Mineral Solution, da die gemeldeten gesundheitlichen Probleme zugenommen haben.

2019 kam es zu einem längst überfälligen Urteil des Bundesgerichtshofes.  Zu einer Haftstrafe verurteilt wurde ein Verkäufer, der in seinem Online-Shop die Stoffe als Bleichmittel und zur Desinfektion verkaufte. Diesem Hinweis folgten jedoch Angaben zur Dosierung, Einnahmehäufigkeit und zu Mischungsverhältnissen – außerdem warben verlinkte Internetseiten damit, die Mittel könnten Diabetes, Asthma, AIDS, Herpes oder Tuberkulose heilen.

Seit 2020 meldeten die Giftnotrufzentralen verstärkt Vergiftungen durch MMS - meist eingesetzt als Hoffnung gegen das neuartige Corona-Virus SARS-Cov2. Das Giftinformationszentrum Nord in Göttingen, zuständig  für die Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein) zählte laut Recherchen von MedWatch zwischen 2010 und 2020 fast 100 Vergiftungen. Das Giftinformationszentrum in Erfurt, zuständig für Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) registrierte zwischen 2011 und 2021 mehr als 50 Vergiftungen . Auffallend ist die Zunahme der Häufigkeit seit 2020.

Was ist MMS?

MMS, das Miracle Mineral Supplement (auch Master Mineral Solution oder Miracle Mineral Solution), enthält die Chemikalie Natriumchlorit (NAClO2) - nicht zu verwechseln mit Natriumchlorid (NaCl, Kochsalz). Wird Natriumchlorit in Wasser gelöst und mit einer Säure z.B. Zitronensäure, Fruchtsäure aus Säften oder Essig vermischt, bildet sich das als "sehr giftig", "ätzend", "umweltgefährlich" und "brandfördernd" eingestufte Chlordioxid (ClO2). Diese Substanz wird normalerweise als Desinfektionsmittel bei der industriellen Wasseraufbereitung und als Bleichmittel für Textilien eingesetzt. Außerdem entsteht Natriumchlorat, welches ebenfalls ein starkes Oxidationsmittel ist.

Bis 1957 wurde Chlordioxid auch als Zusatzstoff zum Bleichen von Mehl verwendet, nach Tierversuchen mit schweren Nierenschäden jedoch verboten. Chlordioxid ist in Europa weder als Lebensmittel noch für Lebensmittel erlaubt. Auch Natriumchlorit als arzneilich wirksamer Bestandteil ist in Deutschland nicht als Arzneimittel zugelassen. Um dagegen nicht zu verstoßen, wird es als Bleich- oder Desinfektionsmittel angeboten oder interessierte Kundschaft wird auf einschlägige Internetseiten von Anbietern für Wasser­aufbereitungsmittel weitergeleitet.

Wer mehr zu den chemischen Hintergründen erfahren möchte, findet diese auf der Internetseite von MedWatch,

Alternative Begriffe für MMS sind CDL (für Chlordioxidlösung)  oder CDS (Chlordioxide Solution). Das Produkt muss als Sondermüll entsorgt werden, nicht über den Hausmüll oder gar die Toilette.

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Quellen:


März S (2024): MedWatch XXL - Darum geht es bei Chlordioxid und MMS. Stand: 29.03.2024

BfR (2012): BfR rät von der Einnahme des Produkts "Miracle Mineral Supplement" ("MMS") ab. Stellungnahme Nr. 025/2012, Stand: 02.07.2012, abgerufen am 12.04.2024

BVL (2014): Warnung vor der Verwendung von "Miracle Mineral Supplement" bei Tieren. Stand: 12.12.2014, abgerufen am 12.04.2024

BfArM (2014): BfArM warnt vor der Anwendung von "Miracle Mineral Supplement" als Arzneimittel. Pressemitteilung Nummer 08/14 vom 30.05.2014, abgerufen am 12.04.2024

BfArM (2015): Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte stuft zwei "Miracle Mineral Supplement"-Produkte als zulassungspflichtig und bedenklich ein. Pressemitteilung vom 26.02.2015, abgerufen am 12.04.2024

BfArM (2016): Tagung zur Abgrenzung von Arzneimitteln: Inverkehrbringer müssen geltende Regelungen bei der Einstufung stärker beachten, Stand: 19.09.2016, abgerufen am 12.04.2024

Medwatch (2024): Erlöse von 350.000 Euro: Bundesgerichtshof bestätigt Haftstrafe für MMS-Verkäufer Stand: Januar 2024, abgerufen am 12.04.2024

FDA warns consumers about the dangerous and potentially life threating side effects of Miracle Mineral Solution. Pressemeldung vom 12.08.19, abgerufen am 12.04.2024

MMS: Lebensgefährliche Verätzung bei Kleinkind. Gute Pillen, schlechte Pillen 6/2023, S. 8

Miracle Mineral Supplement: FDA warnt erneut vor MMS. Deutsche Apotheker Zeitung vom 15.08.2019, abgerufen am 12.04.2024

FDA (2023): Fraudulent Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Products, Stand: 11.01.2023, abgerufen am 12.04.2024

Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen Österreich: Warnung vor Chlordioxidlösungen (MMS, CDS, CDL). Chlordioxidlösungen haben keine Wirkung gegen COVID-19 und es besteht ein begründeter Verdacht auf schädliche Wirkungen. Stand: 10.11.2020, abgerufen am 12.04.2024

Swiss Medic Schweizerisches Heilinstitut: Warnung vor dem "Wundermittel" Miracle Mineral Supplements. Stand: 20.09.2020, abgerufen am 12.04.2024

Ministero della Salute Italien: Soluzione Minerale Miracolosa, la nota del ministero. Stand: 28.06.2019, abgerufen am 12.04.2024

Kerschner B (2023): MMS & Chlordioxid: gefährliche Wundermittel. medizin transparent, Stand: 11.12.2023, abgerufen am 12.04.2024

Weinmann L (2020): Faktencheck "Coronavirus: Blog verbreitet irreführende Behauptung über angebliche Heilkraft von Chlordioxid". Correctiv, Stand: 18.06.2020, abgerufen am 12.04.2024

März S (2023): Tödlicher Schwindel mit Chlordioxid: Anklage gegen Andreas Kalcker erhoben. Medwatch, Stand: 21.12.2023, abgerufen am 12.04.2024

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