PVC, Polycarbonat, Polystyrol – es gibt viele Kunststoffsorten, die Hunderte von Zusatzstoffen enthalten können. Außerdem können sie Mikroplastik freisetzen. Eine gesundheitliche Bewertung von Kunststoffen ist daher schwierig. Hier erfahren Sie, welche regelmäßig in Bezug auf Schadstoffe auffallen.
Welche Kunststoffe sind besonders problematisch?
PVC
PVC (Polyvinylchlorid, kurz auch "Vinyl" genannt) wird in vielen Bereichen angewendet - als harter Kunststoff zum Beispiel in Fensterrahmen, als weicher Kunststoff in Produkten wie Yogamatten, Puppen oder Bodenbelägen. Der Recyclingcode 03 steht für PVC.
Zur Herstellung von PVC wird giftiges Chlorgas verwendet. Sein Baustein Vinylchlorid ist als krebserzeugend eingestuft. Wird PVC nicht heiß genug verbrannt, können aus diesem Kunststoff Dioxine entstehen, die extrem giftig sind.
Um PVC elastisch zu machen, wie es beispielsweise für Kabelummantelungen oder Puppen erforderlich ist, werden Weichmacher zugesetzt, die nicht fest an den Kunststoff gebunden sind und über lange Zeiträume freigesetzt werden können. Die europäische Chemikalienbehörde ECHA listet eine Reihe von Hitzestabilisatoren, Flammschutzmitteln und Weichmachern auf, die in PVC als Zusatzstoffe eingesetzt werden und die Gesundheit, zum Beispiel das Hormonsystem, schädigen können.
Polytetrafluorethylen (PTFE), besser bekannt als "Teflon"
Eingesetzt wird PTFE als Antihaftbeschichtung zum Beispiel bei Pfannen und Backformen oder als Membran in Outdoorjacken. Wird PTFE über 360 Grad Celsius erhitzt, können giftige Dämpfe freigesetzt werden. Daher sollten Sie damit beschichtete Geräte niemals leer erhitzen.
Bei der Produktion von PTFE werden giftige Schadstoffe eingesetzt, die die Umwelt dauerhaft belasten. Durch die PTFE-Produktion im bayrischen Chemiepark Gendorf gelangte zum Beispiel PFOA in Wasser und Boden. PFOA schädigt das Immun- und Hormonsystem, ist fruchtschädigend und kann Krebs verursachen. Mittlerweile verwenden PTFE-Hersteller zwar überwiegend Ersatzstoffe für PFOA, doch auch diese haben bereits Wasser und Böden verseucht.
Der Kunststoff PTFE selbst kann nur durch Verbrennung bei sehr hohen Temperaturen vollständig zerstört werden. Dabei entsteht giftige Flusssäure, die in Müllverbrennungsanlagen neutralisiert werden muss.
Polycarbonat und Epoxidharze
Polycarbonat kommt meist als harter, durchsichtiger Kunststoff in der Küche zum Beispiel als Mix- oder Messbecher oder in Spielzeug zum Einsatz. Typisch ist eine sichtbare Rissbildung bei alterndem Polycarbonat. Der Recyclingcode 07 steht für verschiedene Kunststoffe, darunter auch für Polycarbonat. Wird zusätzlich "PC" angegeben, handelt es sich definitiv um Polycarbonat.
Epoxidharze werden unter anderem als Dosenbeschichtungen, als Gießharz oder als Beschichtung im Baubereich eingesetzt.
Polycarbonat und Epoxidharze werden aus Bisphenolen wie Bisphenol A hergestellt. Bisphenol A steht auf der Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe, weil es das Hormonsystem schädigen kann. In Babyflaschen und Trinklerntassen ist in der EU die Verwendung von Polycarbonat seit 2011 verboten. Ein EU-Verbot von hormonsystemschädigender Bisphenole in Beschichtungen und Lackierungen für den Lebensmittelkontakt, also zum Beispiel in Konservendosen wird Ende 2024 erwartet. Übergangsfristen von bis zu drei Jahren sind vorgesehen.
Polystyrol
Polystyrol (PS) wird oft als aufgeschäumter Kunststoff eingesetzt, beispielsweise als Verpackungs- und Dämmmaterial oder als Füllung für Sitzsäcke. Auch für den Lebensmittelkontakt findet es Verwendung. Der Recyclingcode 06 steht für Polystyrol. Dieser Kunststoff kann seinen Baustein Styrol freisetzen, der vor allem über die Atemluft aufgenommen wird. Styrol kann Symptome wie Atemwegsreizungen, Müdigkeit, Kopfschmerz und Schwindel verursachen und möglicherweise auch die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Dem Kunststoff werden häufig halogenierte Flammschutzmittel zugefügt. Für das in Dämmstoffen häufig eingesetzte Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) gilt seit Frühjahr 2016 in der EU ein weitgehendes Handels- und Verwendungsverbot.
Zusatzstoffe in Kunststoffen
Oft ist nicht der Kunststoff selbst gesundheitsschädlich, sondern dessen Zusatzstoffe wie bestimmte Hitze- und UV-Stabilisatoren, Weichmacher oder Flammschutzmittel. Zusatzstoffe können über 40 Prozent des Gesamtmaterials ausmachen und verleihen dem Kunststoff die gewünschten Eigenschaften. Leider bleiben Substanzen häufig nicht einfach im Material, sondern werden wieder freigesetzt und gehen in die Raumluft, den Hausstaub oder sogar in Lebensmittel über. Auf diese Weise gelangen sie in den menschlichen Körper. So wurden beispielsweise Abbauprodukte von Weichmachern und Ersatzweichmachern im Urin von Kindern und Jugendlichen nachgewiesen.
Anfrage nach Giftstoffen beim Händler oder Hersteller
Wer erfahren möchte, ob in einem bereits gekauften oder für den baldigen Kauf vorgesehenen Produkt besonders besorgniserregende Stoffe enthalten sind, kann eine Anfrage an den Hersteller richten. Dieser muss innerhalb von 45 Tagen Auskunft geben, wenn das Produkt mehr als ein Gramm pro Kilogramm (0,1 Prozent) des Schadstoffes aufweist. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gilt die 0,1 Prozent-Grenze bei Produkten, die aus vielen Teilen bestehen, auch für die einzelnen Komponenten.
Der Hersteller muss also angeben, wenn zum Beispiel die Fahrradgriffe mehr als 0,1 Prozent bestimmter Weichmacher enthalten. Er kann sich nicht damit herausreden, dass bezogen auf das ganze Fahrrad der Grenzwert nicht überschritten wird. Diese Pflicht, Anfragen zu beantworten, besteht auch für Bisphenol A und für einige gesundheitsgefährdende Weichmacher und Flammschutzmittel, die in Kunststoffen eingesetzt werden. Anfragen können Verbraucher:innen einfach mit der Scan4Chem-App des Umweltbundesamtes oder mit folgendem Musterbrief des Umweltbundesamts stellen.
Welche Zusatzstoffe gelten als bedenklich?
Im Folgenden werden lediglich zwei mengenmäßig und gesundheitlich wichtige Gruppen von Zusatzstoffen aufgeführt.
Weichmacher
Wenn sich ein Kunststoff beim Anfassen weich und elastisch anfühlt und unter Druck nachgibt, lohnt es sich in Erfahrung zu bringen, ob es sich um PVC handelt. Falls ja, sollten Sie nach Alternativen suchen, da in diesem Fall Weichmacher im Einsatz sind. Diese dienen dazu, eigentlich spröde und harte Kunststoffe wie PVC weich und elastisch zu machen. Dazu werden dem Kunststoff unterschiedliche chemische Substanzen beigemischt.
Da viele Weichmacher nicht fest an den Kunststoff gebunden sind, können sie auch wieder freigesetzt werden. Als Weichmacher werden etwa Ester der Phthalsäure (Phthalate), der Zitronensäure (Citrate) oder der Adipinsäure (Adipate) aber auch sogenannte Ersatzweichmacher genutzt. Die Verwendung einiger Phthalat-Weichmacher ist mittelweile weitgehend verboten. Solche wurden in die Liste der "besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHC)" aufgenommen, weil sie schädigend auf das Hormonsystem wirken und die Fortpflanzungsfähigkeit gefährden können.
In den meisten Fällen lässt sich nicht erkennen, welcher Weichmacher für Elastizität sorgt, da für die Stoffe keine Pflicht zur Kennzeichnung besteht. Sie haben jedoch ein Recht auf Information, sofern diese Substanzen auf der Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe stehen.
Wo kommen Weichmacher vor?
98 Prozent der Weichmacher werden in PVC eingesetzt. Auch Polystyrol oder thermoplastisches Polyurethan (TPU) kann Weichmacher enthalten. Zu den verdächtigen Produkten gehören weiches Plastikspielzeug für Kinder wie Wasserbälle oder Puppen, Hundespielzeug aus Kunststoff, Sport- und Yogamatten, Luftmatratzen, Erotikartikel und Produkte im Elektronikbereich. Silikon ist auch elastisch, enthält aber keine Weichmacher.
In Lebensmittelverpackungen werden seltener Weichmacher verwendet. In den PVC-Dichtungen einiger Schraubglasdeckel werden aber Phthalat-Weichmacher eingesetzt.
Folgende Kunststoffe kommen ganz ohne flüchtige Weichmacher aus:
- PE (Polyethylen), oft erkennbar am Recyclingcode 02 oder 04,
- PP (Polypropylen), oft erkennbar am Recyclingcode 05.
Auch in PET-Getränkeflaschen wird kein Weichmacher eingesetzt.
Wie gefährlich sind Weichmacher?
Besonders bestimmte Weichmacher aus der Gruppe der Phthalate schaden der Gesundheit ‒ Leber, Nieren und Hoden können angegriffen werden. Sie können die Fähigkeit zur Fortpflanzung beeinträchtigen und das Kind im Mutterleib schädigen. Die Phthalat-Weichmacher sind nicht fest an den Kunststoff gebunden. Sie können in die Raumluft entweichen und durch Flüssigkeiten (zum Beispiel dem Speichel beim Aufblasen eines Wasserballs), insbesondere aber durch Fett gelöst und über die Haut oder den Mund aufgenommen werden.
Weil sie die Gesundheit schädigen, dürfen einige Phthalate in Spielzeug, Babyartikeln und Kosmetika nicht verwendet werden. Bei Verpackungen für Lebensmittel sind sie nur mit Einschränkungen erlaubt, oder die Hersteller müssen Grenzwerte für den Übergang der Weichmacher auf den Inhalt einhalten.
Organische Flammschutzmittel
Organische Flammschutzmittel werden unter anderem in Fahrzeugen, Textilien, Schaumstoffen für Polstermöbel und Matratzen und Baumaterialien verwendet. In der Regel erfahren Verbraucher:innen darüber nichts, weil es keine Kennzeichnungspflicht für sie gibt. Bei Flammschutzmittel, die auf der Liste der "besonders besorgniserregenden Stoffe" stehen, kann das Auskunftsrecht weiterhelfen.
Etwa 21 Prozent der jährlich weltweit hergestellten Flammschutzmittel sind halogenierte (bromierte und chlorierte) organische Flammschutzmittel, von denen einige wegen ihrer Gesundheitsschädlichkeit und Langlebigkeit in der EU bzw. durch das Stockholmer Übereinkommen weltweit verboten wurden. Außerdem existieren noch weitere Flammschutzmittel mit gesundheitsschädlichen Eigenschaften, wie zum Beispiel Chlorparaffine, halogenierte phosphororganische Flammschutzmittel (OPFR).
Es besteht die Gefahr, dass verbotene Substanzen über Recycling wieder in neue Produkte gelangen.
Bestimmte halogenierte Flammschutzmittel werden mit Krebs, Hormonstörungen und verminderter Fruchtbarkeit sowie mit einem niedrigeren IQ und Hyperaktivität bei Kindern in Verbindung gebracht.
Mikroplastik
Als Mikroplastik werden feste Kunststoffteilchen bezeichnet, die kleiner als fünf Millimeter sind, sehr kleine Partikel (unter 1000 Nanometern) werden auch Nanoplastik genannt. Sie können entweder absichtlich hergestellt worden sein, zum Beispiel als Schleifmittel oder Pellets, oder unabsichtlich durch mechanische Beanspruchung, wie Abrieb aus Plastikprodukten, entstehen. Abgesehen von der Vielzahl der Kunststoffsorten und der Zusatzstoffe variiert Mikroplastik zusätzlich in Bezug auf die Teilchengröße und die Teilchenform. Außerdem hat Mikroplastik eine große Oberfläche, an der sich Chemikalien aber auch Mikroorganismen ablagern können.
Daher sollte in Studien zur gesundheitlichen Bewertung von Mikroplastik genau beschrieben werden, welches Material und welcher Größenbereich untersucht wurde. Die Schlussfolgerungen gelten folglich zunächst nur für die verwendeten Plastikteilchen. Mikroplastik kann sowohl über die Nahrung als auch über das Einatmen aufgenommen werden und wurde in menschlichen Organsystemen nachgewiesen, darunter Herz-Kreislauf-, Verdauungs-, Hormon-, Lymph-, Atmungs-, Fortpflanzungs- und Harnwegsorganen.
Mikroplastik wurde auch in anderen biologischen Proben des Menschen wie Muttermilch, Blut, Stuhl, Sputum und Urin festgestellt. Bisher geben vor allem in vitro Studien Hinweise auf mögliche gesundheitsschädigende Effekte wie das Auslösen von Entzündungsreaktionen. Um zu verstehen, welche Auswirkung die Aufnahme von Mikroplastik auf die Gesundheit des Menschen hat, ist weitere Forschung notwendig. Da Mikroplastik überall verbreitet ist, lässt sich die Aufnahme nicht vermeiden, sondern bestenfalls reduzieren, in dem man Plastikalternativen – sofern es sie gibt – bevorzugt.