Die Dosis macht das Gift

Stand:
Mikronährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe sind für den Körper lebenswichtig. Zu viel davon kann jedoch gefährlich werden. Die angegebene Tagesdosis (Verzehrempfehlung des Herstellers) keinesfalls überschreiten.
Viele unterschiedliche Tabletten auf einem Löffel

Das Wichtigste in Kürze:
Auf die Dosis kommt es an

  • Nahrungsergänzungsmittel mit ihren isolierten Mikronährstoffen können gesundheitsschädlich sein, wenn sie zu hoch dosiert sind oder öfter als empfohlen genommen werden.
  • Mit normalen Lebensmitteln (außer Leber) sind zu große Aufnahmemengen bei Vitaminen und Mineralstoffen kaum möglich.
  • Bisher gibt es (noch) keine gesetzlichen Höchstmengen in Deutschland.
  • Es gibt für Nahrungsergänzungsmittel risikoorientierte Empfehlungen für die maximale Tagesdosis an Vitaminen und Mineralstoffen oder Spurenelementen. Produkte, die sich daran orientieren, sind für Personen ab 15 Jahren sicher. Die Hersteller sind an diese Empfehlungen aber nicht gebunden. Auch für einzelne Aminosäuren gibt es solche Empfehlungen.
  • Einnahmeempfehlungen (Tagesdosis) auf Verpackungen keinesfalls überschreiten, Mehrfachaufnahmen mit mehreren Nahrungsergänzungsmitteln, angereicherten Lebensmitteln, zum Beispiel Vitaminsäften oder Arzneimitteln vermeiden.
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Isolierte Nährstoffe sind schneller überdosiert

Nahrungsergänzungsmittel unterscheiden sich von herkömmlichen Lebensmitteln, denn sie enthalten die Nährstoffe wie Vitamine oder Mineralstoffe in konzentrierter isolierter Form. Dadurch sind schneller Überdosierungen möglich, aus "gut" kann so "gesundheitlich problematisch" werden.

Bis heute gibt es in der EU keine einheitlichen Höchstmengen für Mikronährstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln. Einige Länder haben nationale Regelungen, andere wie Deutschland gar keine. Das könnte sich allerdings ab 2025 ändern - und würde eine langjährige Forderung der Verbraucherzentralen erfüllen.

Wie viel ist zu viel?

Der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sagte im Februar 2022 im Verbrauchermonitor: „Wer hoch dosierte Vitamine einnimmt, ohne dass es nötig ist, riskiert eine Überversorgung und damit unerwünschte Auswirkungen auf die Gesundheit“.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse Vorschläge für Vitamin- und Mineralstoffhöchstmengen in Nahrungsergänzungsmitteln sowie für angereicherte Lebensmittel erarbeitet. Produkte, die diese Empfehlungen einhalten und entsprechend den Herstelleranweisungen eingenommen werden, sind für Personen ab 15 Jahren sicher. Diese Empfehlungen sind rechtlich nicht verbindlich, die Hersteller müssen sich also nicht daran halten. Sie helfen Ihnen aber beim sicheren Einkauf.

Diese Werte mögen recht niedrig erscheinen im Vergleich zu dem, was im Handel erhältlich ist. Sie berücksichtigen aber die Versorgungslage in Deutschland - wir nehmen Nährstoffe ja auch über (teilweise zusätzlich angereicherte) Lebensmittel zu uns - und vor allem das Risiko, das von einzelnen Stoffen bei einer zu hohen Zufuhr ausgeht.

Wenn ärztlicherseits aus therapeutischen Gründen höhere Mengen empfohlen werden, sind natürlich diese zu berücksichtigen. Zur Behandlung einer Krankheit oder eines Mangels sind Nahrungsergänzungsmittel allerdings die falsche Wahl. Da sind Arzneimittel oder gegebenenfalls Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (zum Diätmanagement) besser geeignet, da sie genauer dosiert und abgestimmt sind - und ihre Wirkung nachgewiesen.

 

BfR-Empfehlungen für Nahrungsergänzungsmittel für Erwachsene:

Vitaminemaximale Tagesdosis
A / Beta-Carotin0 Mikrogramm9, 12 / 3,5 Milligramm
C250 Milligramm
D20 Mikrogramm
E (Tocopherol)30 Milligramm10
K1 / K280 Mikrogramm5 / 25 Mikrogramm5
B1 (Thiamin)Höchstmengen nicht erforderlich
B2 (Riboflavin)Höchstmengen nicht erforderlich
Niacin (B3)4160 Milligramm / Schwangere 16 Milligramm
B6 (Pyridoxin)0,9 Milligramm
Folsäure200 Mikrogramm3
Pantothensäure (B5)Höchstmengen nicht erforderlich
BiotinHöchstmengen nicht erforderlich11
B12 (Cobalamin)25 Mikrogramm

3  Nahrungsergänzungsmittel vor und während der Schwangerschaft 400 Mikrogramm (gegebenenfalls 800 Mikrogramm)
4  Bei Verwendung von Nikotinsäure 4 Milligramm, bei Verwendung von Inosithexanicotinat (Inositolniacinat) 4,4 Milligramm
5  Bei Einnahme gerinnungshemmender Medikamente Verzehr nur nach Absprache mit dem Arzt
9  In der Schwangerschaft nur nach ärztlicher Rücksprache
10 Bei Männer ab 55 Jahren kann eine unkontrollierte Supplementierung von Vitamin E das Risiko für Prostatakrebs erhöhen.
11 Wenn Sie sich einem Labortest unterziehen müssen, informieren Sie bitte das Laborpersonal über die (kürzliche) Verwendung von Biotin.
12 Laut BfR sollten NEM am besten gar kein Vitamin A enthalten, auf keinen Fall mehr als 200 µg/Tag. Wenn überhaupt dann besser Betacarotin (Provitamin A).

Vitamin D nimmt eine Sonderstellung unter den Vitaminen ein, denn es kann vom Körper mit Hilfe von Tageslicht in der Regel selber gebildet werden. Findet eine solche Bildung (die sogenannte endogene Synthese) nicht statt, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung eine Gesamtzufuhr inklusive Lebensmittel von 20 Mikrogramm täglich.

 

Mineralstoffemaximale Tagesdosis
Bor0,5 Milligramm1
Calcium500 Milligramm6
Chlorid0 Milligramm
Chrom60 Mikrogramm
Eisen6 Milligramm2
Fluorid0 Milligramm
Jod100 Mikrogramm12
Kalium500 Milligramm
Kupfer1 Milligramm1
Magnesium250 Milligramm7
Mangan0,5 Milligramm
Molybdän80 Mikrogramm
Natrium0 Milligramm
Phosphat0 Milligramm
Selen40 Mikrogramm
Silicium13siehe Fußnote13
Zink6,5 Milligramm8

1  für Kinder und Jugendliche nicht geeignet
2  Frauen nach der Menopause, Schwangere und Männer nur nach ärztlicher Rücksprache, für alle möglichst nur nach Statuserhebung
6  Hinweis bei NEM mit mehr als 250 Milligramm Tagesdosis: Auf Einnahme weiterer calciumhaltiger NEM sollte verzichtet werden.
7  Einnahme der empfohlenen Tageshöchstmenge auf zwei oder mehr Portionen empfohlen
8  Hinweis auf NEM mit mehr als 3,5 Milligramm Tagesdosis: Auf Einnahme weiterer zinkhaltiger NEM sollte verzichtet werden
12 Schwangere und Stillende 150 Mikrogramm Tagesdosis
13 Bei Verwendung von Siliziumdioxid 350 Milligramm, von Kieselsäure (Silicagel) 100 Milligramm, von Cholin-stabilisierte Orthokieselsäure 10 Milligramm, von organischem Silizium (Monomethylsilantriol) 10 Milligramm.

 

Verzweigtkettige
Aminosäuren (BCAA)
Orientierungswerte für Erwachsene (isoliert als Nahrungsergänzung, zusätzlich zu normalem Essen)
Leucinmaximal 4 Gramm pro Tag
Isoleucinmaximal 2,2 Gramm pro Tag
Valinmaximal. 2 Gramm pro Tag
BCAA (gesamt)maximal 8,2 Gramm pro Tag (Summe dieser drei Aminosäuren)

Außerdem empfiehlt das BfR nicht mehr als 1,5 g ungesättigte Omega-3 Fettsäuren pro Tag aus allen Quellen. Berücksichtigt man übliche Verzehrmengen, bleiben circa 1 Gramm ungesättigte Omega-3 Fettsäuren (DHA plus EPA) für Nahrungsergänzungsmittel übrig.

Für alle anderen Stoffe, etwa Fettsäuren, weitere Aminosäuren oder Pflanzenstoffe, gibt es bisher keine Empfehlungen. Die Datenlage ist zu ungenügend, um abzuschätzen, wie viel Antioxidantien, Polyphenole, Carotinoide wie Lutein oder Astaxanthin mittel- bis  langfristig sicher sind.

Was kann ich selber tun?

  • Achten Sie beim Produkteinkauf darauf, dass die vom BfR empfohlenen Dosierungen für Nahrungsergänzungsmittel nicht überschritten werden.
  • Nehmen Sie nicht mehr als die angegebene Tagesdosis. Besonders wichtig ist das bei Produkten für Kinder, die ohnehin nur nach Rücksprache mit der Kinderarztpraxis gegeben werden sollten.
  • Nehmen Sie Warnhinweise, zum Beispiel zur ärztlichen Rücksprache, ernst.
  • Kombinieren Sie nicht mehrere Produkte mit den gleichen Inhaltsstoffen. Und essen Sie nicht noch zusätzlich mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherte Lebensmittel wie Multivitaminsäfte oder Joghurts.
  • Auch frei verkäufliche Arzneimittel oder Medizinprodukte können zusätzlich Vitamine oder Mineralstoffe enthalten, achten Sie auf die Verpackungsangaben.

Wo gibt es am ehesten Probleme?

Zu hohe Mengen an Nährstoffen (Überdosierung) können sich ungünstig auf den Körper auswirken, wobei das teilweise auch von den Lebensumständen oder Umweltbedingungen abhängig ist.

So ist beispielsweise lange bekannt, dass zusätzliche Gaben von Beta-Carotin bei Menschen, die rauchen, die Entstehung von Lungenkrebs begünstigen können. Da viele Erfrischungsgetränke mit Beta-Carotin angereichert und Lebensmittel damit gefärbt (E 160) sind, empfiehlt das BfR derzeit, in Nahrungsergänzungsmitteln kein Betacarotin zu verwenden.

Nehmen Schwangere in den ersten Wochen zu viel Vitamin A (auch über Lebensmittel wie Leber) zu sich, kann das Kind in seiner Entwicklung gestört werden.

Auch von Produkten mit hoch dosierten Antioxidantien, zum Beispiel Vitamine D, E, Selen, zum Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs ist abzuraten.

Bestimmte Spurenelemente wie Eisen sollten wegen der Risiken, die eine unkontrollierte Aufnahme nach sich ziehen kann, von Schwangeren, Frauen nach der Menopause und Männern nur bei nachgewiesenem Mangel und nach Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden. Frauen vor der Menopause sollten die Höchstmengenempfehlung von 6 Milligramm Tag ohne ärztlichen Rat nicht überschreiten.

Ein Zuviel an einzelnen Nährstoffen kann außerdem die Aufnahme anderer Nährstoffe behindern, etwa Zink und Eisen, Pflanzensterine oder auch Chitosan und fettlösliche Vitamine (A, D, E, K).

Nicht zuletzt können vor allem höhere Nährstoffdosierungen die Wirkung von Medikamenten negativ beeinflussen.

Was die Lebensmittelüberwachung so gefunden hat

Die Auswertung der Ergebnisse der Lebensmittel­kontrollen zeigt, dass problematische Überdosierungen am ehesten bei Produkten aus den USA vorkommen. Besonders häufig finden die Lebensmittelüberwachungsbehörden zu große Mengen bei Vitamin B6, Nikotinsäure (Niacin), Vitamin D, Vitamin B12 und Vitamin E sowie bei den Spurenelementen Zink, Selen und Kupfer. Vor allem bei Magnesium werden häufiger unzulässige Stoffverbindungen wie Magnesium-Orotat oder Magnesium-Aspartat gefunden, ebenso bei Mangan und Bor.

Wichtig zu wissen: Stoffe wie Kobalt, Germanium, Lithium, Strontium, Gold und Silber sind in Nahrungsergänzungsmitteln verboten, obwohl sie häufiger in der Zutatenliste von Internetprodukten auftauchen.

Natürlicherweise überdosiert können bestimmte Algenprodukte sein, die gefährlich hohe Gehalte an Jod aufweisen können.

Downloads:

Quellen:


BfR (2024): Aktualisierte Höchstmengenvorschläge für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln. Stellungnahme Nr. 006/2024 vom 22.02.2024

BfR (2019): Nahrungsergänzungsmittel - Isolierte verzweigtkettige Aminosäuren können bei hoher Aufnahme die Gesundheit beeinträchtigen.
Stellungnahme Nr. 052/2019 des BfR vom 20.12.2019

BfR( 2009): Für die Anreicherung von Lebensmitteln mit Omega-3-Fettsäuren empfiehlt das BfR die Festsetzung von Höchstmengen. Stellungnahme Nr. 30/2009 vom 26.05.2009

Hahn A. et al. (2016): Ernährung - Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. 3., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2016, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, S. 290-313

BfR-Verbraucher MONITOR 2021 SPEZIAL Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel. Stand: November 2021, veröffentlicht Februar 2022

EFSA (2024): Overview on Tolerable Upper Intake Levels as derived by the Scientific Committee on Food (SCF) and the EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA). Version 10 (Juni 2024)

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