Jod, Folsäure, Eisen... Welche Nahrungsergänzungen brauchen Schwangere?

Stand:
In der Schwangerschaft wird eine Ergänzung mit ganz bestimmten Mikronährstoffen dringend empfohlen - doch was ist zu beachten?
Schwangere

Das Wichtigste in Kürze:

  • In der Schwangerschaft steigt der Bedarf an vielen Nährstoffen. Durch eine bewusste Auswahl von Lebensmitteln aus allen Lebensmittelgruppen können Schwangere alle Nährstoffe - mit Ausnahme von Jod und Folsäure - in ausreichender Menge aufnehmen.
  • Schwangeren wird empfohlen, pro Tag 400 Mikrogramm Folsäure und 100 bis 150 Mikrogramm Jod in Form eines Nahrungsergänzungsmittels einzunehmen.
  • Auch Frauen, die schwanger werden wollen oder könnten, sollten zusätzlich zu einer folatreichen Ernährung 400 Mikrogramm Folsäure pro Tag einnehmen, damit sich das Ungeborene optimal entwickeln kann.
  • Die generelle Einnahme eines Eisenpräparats oder anderer Nährstoffe ist dagegen für Schwangere nicht empfehlenswert.
  • Vegan lebende Schwangere benötigen unbedingt eine gezielte Nahrungsergänzung. Das gilt unter Umständen auch für Frauen, die sich vegetarisch ernähren.
  • Die meisten im Handel erhältlichen Nahrungsergänzungsmittel oder Spezial-Lebensmittel für Schwangere enthalten über Jod und Folsäure hinaus noch weitere, teils unnötige oder deutlich zu hoch dosierte Nährstoffe.
On

Wie verändert sich mein Nährstoffbedarf in der Schwangerschaft?

Der Kalorienbedarf steigt im Verlauf der Schwangerschaft nur leicht an und ist erst im zweiten Schwangerschaftsdrittel mit rund 250 Kilokalorien etwa 10 Prozent höher als vor der Schwangerschaft. Im dritten Trimester sind es etwa 20 Prozent, also rund 500 Kilokalorien mehr. Das gilt, sofern Sie bei Schwangerschaftsbeginn Normalgewicht hatten und Ihre körperliche Aktivität unvermindert beibehalten. 250 Kilokalorien entsprechen ungefähr einer zusätzlichen Scheibe Roggenmischbrot mit etwas Butter, Käse und einer Tomate.

Der Bedarf an einzelnen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen steigt dagegen erheblich stärker. Trotzdem kann der zusätzliche Nährstoffbedarf in Schwangerschaft und Stillzeit leicht über schmackhafte normale Lebensmittel gedeckt werden (Ausnahmen Jod und Folsäure). Verwenden Sie Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte, das heißt Lebensmittel, die pro 100 Kilokalorien besonders viele Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente liefern. Beispiele sind Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, fettarme Milch und Milchprodukte, Meeresfisch und fettarmes Fleisch oder Geflügel.

Zufuhrempfehlungen (Referenzwerte) pro Tag nach DGE

 Frauen im gebärfähigen Alterschwangere Frauenstillende Frauen
Folat (Folsäure)300 Mikrogramm550 Mikrogramm450 Mikrogramm
Jod200 Mikrogramm230 Mikrogramm260 Mikrogramm
Eisen16 Milligramm27 Milligramm16 Milligramm
Vitamin B124 Mikrogramm4,5 Mikrogramm5,5 Mikrogramm
Omega-3-Fettsäuren (DHA*)> 200 Milligramm> 200 Milligramm> 200 Milligramm

Quellen: DGE (2023) und Netzwerk gesund ins Leben.  *DHA: Docosahexaensäure

Welche Nährstoffe sollten supplementiert werden?

 bei KinderwunschSchwangereStillende
Folsäure400 Mikrogramm

400 Mikrogramm

bei ungeplanter Schwangerschaft während des ersten Drittels:

800 Mikrogramm

keine Empfehlung zur vorbeugenden Supplementierung
Jodkeine Empfehlung zur vorbeugenden Supplementierung100 bis 150 Mikrogramm100 Mikrogramm
Eisennur bei nachgewiesenem Mangelnur bei nachgewiesenem Mangelnur bei nachgewiesenem Mangel
Omega-3-Fettsäuren (DHA*)keine Empfehlung zur vorbeugenden Supplementierungbei Verzicht auf Fisch-Verzehr (eine Portion fettreicher Seefisch pro Woche) 200 mg DHA*bei Verzicht auf Fisch-Verzehr (eine Portion fettreicher Seefisch pro Woche) 200 mg DHA*
Cholinkeine Empfehlung zur vorbeugenden Supplementierungkeine Empfehlung zur vorbeugenden Supplementierungkeine Empfehlung zur vorbeugenden Supplementierung

Veganerinnen sollten zusätzlich in allen Lebensphasen Vitamin B12 supplementieren. Die DGE schätzt den täglichen Vitamin-B12-Bedarf auf 4 Mikrogramm, bei Schwangeren auf 4,5 Mikrogramm, bei Stillenden auf 5,5 Mikrogramm.

Quellen: DGE, BfR und Netzwerk Gesund ins Leben. * DHA: Docosahexaensäure

Podcast: Das Wichtigste zum Nachhören

Viel hilft nicht immer viel. Wie Sie Ihren persönlichen Nährstoffbedarf bei Kinderwunsch und in der Schwangerschaft ermitteln und ein geeignetes Nahrungsergänzungsmittel finden, erklärt Sabine Holzäpfel von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in dieser Podcast-Folge.

Der Podcast ist im Rahmen eines vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz geförderten Projekts entstanden.

Logo des BMJV

Welche Produkte empfiehlt die Werbung? Was ist sinnvoll?

Laut Werbung sorgen die Produkte dafür, den täglichen Bedarf an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen während der Schwangerschaft zu decken. Gleichzeitig zählen die Anbieter auf, welche Wirkungen die enthaltenen Vitamine und Mineralstoffe haben: "Zink leistet einen Beitrag zur normalen Funktion des Immunsystems und zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress"; "Die Aufnahme der Omega-3-­Fettsäure DHA (Docosahexaensäure) durch die Mutter trägt zur normalen Entwicklung der Augen und des Gehirns beim Fötus und beim gestillten Säugling bei". Dies ist zwar richtig, das leisten diese Nährstoffe aber auch, wenn sie über herkömmliche Lebensmittel aufgenommen werden.

Die Zusammensetzung der Produkte entspricht überdies nicht den aktuellen Empfehlungen zur Ernährung in der Schwangerschaft durch anerkannte Fachexperten: Jod und Folsäure sind in den Produkten erwünscht, Eisen sollte nur bei nachgewiesenem Mangel ergänzt werden. Vielmehr verfahren die Anbieter nach dem Motto "viel hilft viel" und bieten nach dem Gießkannenprinzip ein wahres Potpourri an Nährstoffen an: "12 Vitamine und 5 Mineralstoffe für den erhöhten Bedarf".

Ein  Marktcheck der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kommt auch 2023 zu dem Ergebnis: Es gibt am Markt fast nur Produkte, die entweder zu hoch dosiert sind oder überflüssige Vitamine oder Mineralstoffe enthalten. Hierzu gab es auch schon Verbraucherbeschwerden beim Portal Lebensmittelklarheit. Eine Firma hat sogar den Eindruck erweckt, dass die Zusammensetzung des Produkts offiziell vom Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) “bestätigt” wäre. Das ist ihr nach einer Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg im August 2022 gerichtlich untersagt worden.

Eine Untersuchung von 22 Nahrungsergänzungsmitteln für Schwangere durch die Zeitschrift Öko-Test im Juli 2023 (aktualisiert im Mai 2024) hat gerade achtmal ein "gut" vergeben", zwölf Produkte fielen mit "ungenügend" durch.

Pauschal empfohlen wird Schwangeren nur die Supplementation von Folsäure (400 Mikrogramm pro Tag) und Jod (100 bis 150 Mikrogramm pro Tag), da hier eine ausreichende Zufuhr über die normale Ernährung kaum oder nicht möglich ist.

Veganerinnen sollten nicht nur Jod und Folsäure, sondern auch zusätzliche Mikronährstoffsupplemente (insbesondere Vitamin B12) einnehmen. Die Versorgung mit kritischen Nährstoffen wie Vitamin B12 und Eisen soll regelmäßig ärztlich geprüft und – mit Hilfe einer qualifizierten Ernährungsberatung – über eine individuell abgestimmte Ernährung und Supplemente umgesetzt werden.

Schon bei Kinderwunsch wird Veganerinnen eine solche Ernährungsberatung empfohlen, um noch vor der Empfängnis eventuelle Nährstoffmängel zu beheben – so die Empfehlung des Netzwerks Gesund ins Leben.

Wie kann ich den erhöhten Folsäurebedarf decken?

Das Vitamin Folsäure/Folat ist im Körper an Prozessen der Zellteilung und des Wachstums beteiligt und deshalb ist es besonders wichtig, den erhöhten Bedarf in der Schwangerschaft zu decken. Außerdem zeigen Studien, dass die Einnahme von 400 Mikrogramm Folsäure pro Tag das Risiko kindlicher Fehlbildungen (Neuralrohrdefekte) verringert.

Frauen, die eine Schwangerschaft planen und Schwangeren wird deshalb empfohlen, mindestens bis zum Ende des ersten Schwangerschafts­drittels 400 Mikrogramm Folsäure pro Tag zusätzlich zu einer abwechslungsreichen Ernährung einzunehmen. Die Einnahme sollte etwa 4 Wochen vor der geplanten Empfängnis beginnen. 80 Prozent der Mütter supplementieren mit Folsäure, allerdings nur 36 Prozent so wie empfohlen. 

Wichtig daher: Sind Sie ungeplant schwanger geworden oder haben erst kurz vor der Konzeption mit der Einnahme von Folsäure begonnen, wird empfohlen im ersten Schwangerschaftsdrittel 800 Mikrogramm Folsäure als Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen – am besten in Absprache mit dem Frauenarzt.

Aber Achtung: Zu viel Folsäure, das heißt mehr als 1.000 Mikrogramm pro Tag, ist auch nicht gut, also nicht mehrere Produkte oder angereicherte Lebensmittel mit Folsäure nehmen. Natürliches Folat in Form von folsäurereichen pflanzlichen Lebensmitteln kann nicht überdosiert werden, im Gegensatz zur synthetischen Folsäure.

Folsäurereiche pflanzliche Lebensmittel, die zusätzlich zur Versorgung beitragen können, sind beispielsweise grünes Blattgemüse wie Spinat oder Salate, Kohlsorten, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Tomaten oder Orangen.

Wie kann ich den Jodbedarf decken?

Eine gute Versorgung mit Jod ist nötig für die gesunde körperliche und geistige Entwicklung des Kindes im Mutterleib. Gute Jodquellen sind vor allem Meeresfisch, der zweimal pro Woche auf dem Speiseplan stehen sollte, sowie Milch und Milchprodukte. Jodiertes Speisesalz zum sparsamen Würzen im Haushalt und der Kauf von verarbeiteten Lebensmitteln wie Brot und Fleischwaren, die mit Jodsalz hergestellt wurden, ergänzen die Versorgung mit Jod.

Zusätzlich sollten Schwangere täglich ein Nahrungs­ergänzungsmittel mit 100 bis 150 Mikrogramm Jod einnehmen, um die Lücke zwischen empfohlener Jodzufuhr und tatsächlicher Jodaufnahme zu schließen. Von Algenprodukten raten die Verbraucherzentralen ab. 

Auch in der Stillzeit ist der Jodbedarf weiter erhöht, da der Säugling über die Muttermilch mit Jod versorgt wird. Stillenden wird deshalb empfohlen, täglich 100 Mikrogramm Jod über ein Nahrungs­ergänzungsmittel einzunehmen. Sind Sie an der Schilddrüse erkrankt, sollte vor jeder Form der Jod-Supplementierung - egal ob mit frei verkäuflichen Arzneimitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln - die behandelnde Ärztin oder Arzt zu Rate gezogen werden. 50 Prozent der Mütter supplementieren mit Jod, allerdings nur 32 Prozent entsprechend der Empfehlungen. Nur 15 Prozent erfüllten die Empfehlungen für beide Nährstoffe zusammen, also Folsäure und Jod.

Muss jede Schwangere Eisen einnehmen?

Eine vorbeugende Einnahme von Eisenprodukten ist auch in der Schwangerschaft nicht empfehlenswert. Tatsächlich wurde der Referenzwert für die Eisen-Aufnahme 2023 gesenkt. Die Entscheidung, ob die Einnahme von Eisen notwendig ist, sollte immer nur individuell getroffen werden, und zwar nach einer Blutuntersuchung (ärztlich diagnostizierte Unterversorgung) und einer medizinischen Beratung. Obwohl der Eisenbedarf in der Schwangerschaft ansteigt, weil mehr Eisen für die Plazenta, den Fetus und das größere Blutvolumen der werdenden Mutter benötigt wird, hat längst nicht jede Schwangere einen Eisenmangel.

Bei vielen Frauen reicht die Aufnahme über Lebensmittel wie Fleisch, Fleischwaren und Fisch sowie pflanzliche Lebensmittel wie Vollkornprodukte oder dunkles Blattgemüse.

Die Eisenaufnahme vom Darm ins Blut wird durch die gleichzeitige Aufnahme Vitamin C reicher Lebensmittel (z.B. Obst als Nachtisch, Salat als Beilage, Kartoffeln) verbessert.

Brauchen Schwangere Omega-3-Fettsäuren?

Die langkettige Omega-3-Fettsäure DHA (Docosahexaensäure) ist für die normale Entwicklung des kindlichen Gehirns und der Sehfunktion wichtig. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Schwangeren mindestens 200 mg DHA pro Tag aufzunehmen. Dies können Sie ein bis zwei Seefisch-Mahlzeiten pro Woche erreichen, am besten mit fettreichem Fisch wie Makrele, Hering, Sardine oder Lachs. 

Große Raubfische, etwa Thunfisch, Haifisch, Schwertfisch, Heilbutt oder Aal, frisch und aus der Konserve, sollten Sie nur selten essen. Grund: Sie können Schadstoff wie Quecksilber enthalten. Erhitzen Sie Fisch wegen möglicher Lebensmittelinfektionen grundsätzlich gut durch und verzehren Sie ihn sofort. Essen Sie also zum Beispiel kein Sushi. Eine Ausnahme sind Fischvollkonserven. Die können Sie ohne weitere Erhitzung essen.

Walnüsse, Leinsamen und Pflanzenöle wie Raps- oder Leinöl enthalten die essentielle Omega-3-Fettsäure alpha-Linolensäure, die im Körper zu einem geringen Teil in DHA umgewandelt werden kann. Frauen, die auf Fisch verzichten oder ihn nur selten essen, sollten daher DHA über angereicherte Lebensmittel, etwa angereichertes Öl oder Margarine, oder Nahrungs­ergänzungsmittel mit DHA, zum  Beispiel aus marinen Mikroalgen wie Schizochytrium oder Ulkenia) zuführen.

Werden Produkte mit "mit DHA" beworben, muss der DHA-Gehalt in der Nährwerttabelle auf der Packung genannt sein. Bei Produkten, die nur als Omega-3-Kapseln o.ä. bezeichnet werden, ist das nicht der Fall, bei diesen muss nur der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren insgesamt angeben werden.

Sollten Schwangere Vitamin D ergänzen?

Die Vitamin-D-­Versorgung Schwangerer wirkt sich direkt auf die Vitamin-D-­Versorgung und Gesundheit des Kindes aus, zum Beispiel auf dessen Knochen. Über die Nahrung wird nur wenig Vitamin D aufgenommen, etwa über Fisch, Margarine und Pilze.

Die Vitamin-D-­Versorgung des Körpers wird hauptsächlich durch die Vitamin-D-Bildung in der Haut bei Sonnenschein gesichert. Gefährdet für eine Unterversorgung sind Frauen, die sich selten im Sonnenlicht aufhalten oder ihre Haut weitgehend bedecken bzw. Sonnencreme anwenden und Frauen mit dunklem Hauttyp. Für diese Personengruppe empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung eine Supplementierung mit einem Nahrungsergänzungsmittel – aber nur nach Rücksprache mit Frauenärztin oder -arzt. Die Referenzwerte für Vitamin D sind während Schwangerschaft und Stillzeit höher als vor der Schwangerschaft.

Die individuelle Versorgungslage kann nur über eine Bestimmung des Vitamin-D-­Spiegels im Blut erkannt werden. Statt angereicherte Lebensmittel oder Nahrungs­ergänzungsmittel zu verwenden, empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung sich öfter im Freien aufzuhalten und zu bewegen, denn so kann der Vitamin D-Bedarf auch ohne Präparate gedeckt werden.

Cholin in der Schwangerschaft – fundierte Empfehlungen fehlen

Cholin ist eine vitaminähnliche Substanz (fälschlich auch als "Vitamin B4" bezeichnet), die jedoch vom menschlichen Organismus selbst hergestellt werden kann – zumindest, wenn ausreichend Folsäure und Methionin (eine essenzielle Aminosäure) im Speiseplan enthalten sind. Cholin ist Baustoff vieler wichtiger Moleküle, die unter anderem für die Gehirnentwicklung von Bedeutung sind. 

Aufgrund der kindlichen Wachstumsprozesse haben Schwangere einen erhöhten Cholin-Bedarf. Bisher ist unklar, ob die körpereigene Produktion auch in der Schwangerschaft ausreicht. Es gibt keine Empfehlung, Cholin in der Schwangerschaft zu supplementieren, trotzdem gibt es bereits Nahrungsergänzungsmittel für Schwangere mit Cholin.

In Lebensmitteln liegt Cholin frei oder gebunden in Form von Phosphatidylcholin (Lecithin) und Sphingomyelin vor. Besonders Eier, Fleisch, Fisch und Milchprodukte liefern Cholin, aber auch Hülsenfrüchte, Tofu und Getreideprodukte tragen zur Versorgung bei.

Da für Cholin bisher kein eindeutiger Referenzwert für die Nährstoffzufuhr abgeleitet werden konnte, orientiert sich die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) an der durchschnittlich beobachteten Cholinzufuhr in der Bevölkerung und hat zunächst einen Schätzwert für die adäquate (angemessene) tägliche Zufuhr (AI) von 400 Milligramm Cholin für gesunde Erwachsene definiert. 

Durch das Hinzurechnen der durchschnittlichen Gewichtszunahme während der Schwangerschaft wurde eine angemessene Zufuhr von 480 Milligramm Cholin pro Tag für Schwangere und durch Berücksichtigung der Cholinverluste über die Muttermilch eine angemessene tägliche Zufuhr für Stillende von 520 Milligramm Cholin abgeleitet.

Das erscheint sehr viel, denn mit 291 bis 374 Milligramm pro Tag liegt die durchschnittliche Cholin-Zufuhr von Frauen in Europa deutlich darunter. Eine erste kleine Studie aus Deutschland mit 283 Schwangeren zeigte, dass diese im Schnitt nur 270 Milligramm pro Tag aufnahmen. 

Bei vegetarisch oder vegan essenden Schwangeren waren es 205 Milligramm pro Tag. Es besteht aber kein Grund zur Sorge. Die Empfehlungen basieren auf beobachteten Durchschnittszufuhrmengen von Bevölkerungsgruppen, die aus methodischen Gründen eigentlich immer höher sind als experimentell ermittelte Bedarfe.

Und: Die tägliche Cholinzufuhr ist abhängig von der Nahrungszufuhr insgesamt. Deshalb ist anzunehmen, dass der geschätzte Mehrbedarf in der Schwangerschaft zumindest teilweise gedeckt werden kann, wenn Sie die richtigen Lebensmittel auswählen. Bei abwechslungsreicher Mischkost brauchen Sie Cholin in Form von Nahrungsergänzungsmitteln sehr wahrscheinlich nicht zusätzlich einzunehmen.

Da jedoch besonders tierische Lebensmittel gute Cholinlieferanten sind, ist davon auszugehen, dass die Cholinversorgung bei schwangeren Veganerinnen noch deutlicher unterhalb der vermuteten angemessenen Zufuhr liegt - was die oben erwähnte kleine Studie auch gezeigt hat. Welche Folgen das im Einzelfall haben kann, ist derzeit unklar. Klare Empfehlungen von Fachgesellschaften stehen derzeit noch aus, werden aber dringend benötigt. Vollkornbrot, Weizenkeime, Hülsenfrüchte wie Kidney- oder Sojabohnen, Tofu und andere Sojaprodukte, Erdnüsse und Kohlsorten, etwa Brokkoli oder Rosenkohl, liefern Cholin.

Fragen Sie Ihre Gynäkolog:innen, ob eine Nahrungsergänzung mit Cholin notwendig ist.  Wenn Sie auch in der Schwangerschaft vegan essen möchten, suchen Sie sich bitte unbedingt ärztliche oder ernährungsmedizinische Beratung.
 

Zum Weiterlesen:

 

Quellen:


BfR (2021): Jod, Folat/Folsäure und Schwangerschaft. Ratschläge für die ärztliche Praxis (abgerufen am 24.06.2024)

BfR (2024): Aktualisierte Höchstmengenvorschläge für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln. Stellungnahme Nr. 006/2024 vom 22.02.2024 (abgerufen am 24.06.2024)

BfR (2023): Fischverzehr in Schwangerschaft und Stillzeit: Einige Fischarten weisen hohe Methylquecksilber-Gehalte auf. Stellungnahme Nr. 047/2023 des BfR vom 11.10.2023 (abgerufen am 24.06.2024)

Koletzko B et al. (2018): Ernährung und Lebensstil vor und während der Schwangerschaft – Handlungsempfehlungen des bundesweiten Netzwerks Gesund ins Leben. Geburtsh Frauenheilk 78: 1–22

Marktcheck Nahrungsergänzungsmittel für Schwangere,  Stand: 20.12.2023 (abgerufen am 24.06.2024)

BfR-Stellungnahme Nr. 016/2009: Verwendung von Eisen in Nahrungsergänzungsmitteln und zur Anreicherung von Lebensmitteln Stand: 21.01.2013 (abgerufen am 13.03.2023)

BfR-Stellungnahme Nr. 009/2021: Höchstmengenvorschläge für Eisen in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln. Stand: 15. März 2021

BfR (2013): Vitamin D - der aktuelle D-A-CH-Referenzwert aus Sicht der Risikobewertung (abgerufen am 24.06.2024)

DGE-Referenzwerte Energie, Wiss. Ableitung 2015 (abgerufen am 24.06.2024)

DGE (2020): Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln in der Schwangerschaft. Still-Studie SuSe II zeigt Informationsbedarf auf. DGE aktuell 19/2020 vom 22.09.2020 (abgerufen am 24.06.2024)

Doru et al: (2024): Supplementierung kritischer Nährstoffe rund um die Schwangerschaft. Frauenarzt 8/2024, S. 550ff

Netzwerk Gesund ins Leben (2024): Folsäure: wichtig vor und während der Schwangerschaft. Stand: 31.01.2024

Netzwerk Gesund ins Leben (2020): Vegan und schwanger: Ohne Nahrungsergänzungsmittel geht es nicht. Stand: 11.11.2020 (abgerufen am 24.06.2024)

Netzwerk Gesund ins Leben (2021): Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren in der Schwangerschaft. Stand: 23.06.2021 (abgerufen am 24.06.2024)

Netzwerk Gesund ins Leben (2021): Schwangere und Stillende: täglich Jod supplementieren. Auch bei ausgewogener Ernährung gilt diese Empfehlung. Stand: 10.11.2021 (abgerufen am 24.06.2024)

Netzwerk Gesund ins Leben (2021): Auf was sollten Schwangere bei einer vegetarischen Ernährung achten? Stand: 28.09.2021

EFSA /NDA-Panel (2016): Scientific opinion on Dietary Reference Values for choline. EFSA Journal 2016;14(8):4484, 70 pp. doi:10.2903/j.efsa.2016.4484

Vennemann F.B.C. et al. (2015): Dietary intake and food sources of choline in European populations. British Journal of Nutrition (2015), 114, 2046–2055

Roeren M et al. (2022): Inadequate Choline Intake in Pregnant Women in Germany.  Nutrients 14(22), 4862 (online published 17.11.2022)

Institute of Medicine (US), Subcommittee on Interpretation and Uses of Dietary Reference Intakes; Institute of Medicine (US) Standing Committee on the Scientific Evaluation of Dietary Reference Intakes. DRI Dietary Reference Intakes: Applications in Dietary Assessment. Washington (DC): National Academies Press (US); 2000. 5, Using the Adequate Intake for Nutrient Assessment of Groups.

Irreführende Werbung für "adfetal" untersagt. Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg vom 02.08.2022

Steinert J et al (2024): Folsäure-Tabletten in der Schwangerschaft: Diese Präparate können im Test überzeugen. Ökotest, 06.05.2024 (abgerufen am 24.06.2024)

Throl C (2019): Vitamin- und Eisenpräparate für Schwangere. Zu viel ist zu viel. Ökotest Dezember 2019 (abgerufen am 24.06.2024)

Doru et al: (2024): Supplementierung kritischer Nährstoffe rund um die Schwangerschaft. Frauenarzt 8/2024, S. 550ff
 

Ratgeber-Tipps

Neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten
Viele Menschen müssen dauerhaft Medikamente einnehmen - Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder mit…
Schwangerschaft und Geburt
Während einer Schwangerschaft stellen sich viele Fragen – häufig ausgelöst durch unnötige Vorsorgeuntersuchungen,…
Frau sitzt in einem Heizungskeller und schaut entsetzt auf eine Rechnung

Musterfeststellungsklage gegen primastrom und voxenergie

Die Energielieferanten primastrom und voxenergie hatten trotz Preisgarantien wiederholt massiv ihre Preise für Strom und Gas erhöht. Deswegen klagte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die Unternehmen. Er schloß außergerichtliche Vergleiche mit den Unternehmen, um schnelle Rückzahlungen für Betroffene zu erreichen.
Lachender Mann mit Geldscheinen in der Hand

Nach Vergleich: Geld zurück von primastrom, voxenergie und nowenergy

Preiserhöhungen, Festhalten an gekündigten Verträgen: Die Energieanbieter primastrom, voxenergie und nowenergy sorgten in der Vergangenheit für Ärger. Im Sommer 2024 haben sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die primaholding außergerichtlich verglichen. Am 31. Dezember 2024 endete die Frist, zu der sich Betroffene auf die Vergleiche gegenüber dem Unternehmen berufen konnten.

Düstere Schwarz-Weiß-Aufnahme eines Mannes, der vor einem Laptop sitzt

Betrug: Phishing-Mails und falsche SMS von Ministerien und Behörden

Aktuelle Entwicklungen machen sich Kriminelle schnell zu Nutze. So auch zu den Themen Inflation, Energiekrise und nationale Sicherheit. Der Betrug kommt per SMS, E-Mail oder auf falschen Internetseiten. In diesem Artikel warnen wir vor verschiedenen aktuellen Betrugsmaschen.