Auf was sollte ich bei der Verwendung von Glucosamin- und Chondroitin-Produkten achten?
Grundsätzlich empfehlen wir, sich bei Gelenkbeschwerden, festgestellter Arthrose oder Arthritis mit Ihrem Arzt über sinnvolle Maßnahmen und Therapiemöglichkeiten zu besprechen, statt auf Verdacht teure, aber meist wenig hilfreiche "Gelenkpillen" als Nahrungsergänzung zu kaufen.
Hinzu kommt, dass Ende Oktober 2023 im Zentrallabor der Deutschen Apotheker festgestellt wurde, dass einige (in der Apotheke erhältliche) Produkte gar kein Chondroitinsulfat enthalten, sondern stattdessen vermutlich (billiges) Maltodextrin (ein Mehrfachzucker) eingesetzt wurde, der bei den üblichen Untersuchungsmethoden (IR-Spektrum) ein ähnliches Muster aufweist. Verursacher war dabei nicht der Hersteller des Nahrungsergänzungsmittels, sondern dessen Zulieferer. Aber es ist halt ein Problem, dass es für Nahrungsergänzungsmittel anders als für Arzneimittel keine vorgeschriebenen Qualitätskontrollen gibt - und so kommt es immer wieder mal zu Fälschungen und Betrug.
Wenn Sie die Produkte dennoch nehmen möchten, achten Sie bitte auf Folgendes:
- Glucosamin kann den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Personen, die an Diabetes mellitus leiden bzw. eine eingeschränkte Glukosetoleranz haben, wird daher bei Einnahme von Glucosamin eine Überwachung des Blutzuckerspiegels empfohlen.
- Glucosamin, das aus Krebstieren hergestellt wird, kann problematisch für Personen sein, die an einer Krebstierallergie leiden. Dieser Hinweis muss dann auch auf der Verpackung stehen.
- Glucosaminhaltige Nahrungsergänzungsmittel können ein Gesundheitsrisiko bergen für Patienten, die Blutgerinnungshemmer (Cumarin-Antikoagulanzien) einnehmen. Glucosamin kann die blutgerinnungshemmende Wirkung der Medikamente verstärken und die Einnahme kann zu Blutungen führen.
- Für Chondroitin-haltige Produkte mit Dosierungen von 730 bis 1.000 Milligramm pro Tag werden gastrointestinale Beschwerden (Verdauungsstörungen, Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit) sowie Kopfschmerzen oder Schwindelgefühl als häufige unerwünschte Wirkungen aufgeführt.
- Laut Bundesinstitut für Risikobewertung ist eine gesundheitliche Bewertung der Einnahme von Glucosamin und Chondroitin für Schwangere und Stillende sowie Kinder und Jugendliche wegen fehlender Daten nicht möglich, diese Personengruppen sollten daher besser auf die Einnahme verzichten. Bei Chondroitinsulfat besteht bei Produkten, die aus Fischgewebe gewonnen wurden, ein Risiko für Menschen mit einer Fischeiweißallergie.
Tipp der Verbraucherzentralen:
Das wirksamste, anerkannte Mittel gegen fortschreitende Arthrose ist die körperliche Bewegung.
Ob Glucosamin oder Chondroitin in Form eines Arzneimittels in einer bestimmten Dosierung und Anwendungsdauer als Therapie gegen Arthrose eingesetzt werden können, muss Ihre behandelnden Ärzt:innen entscheiden.
Was sind Glucosamin und Chondroitin?
Glucosamin kommt im menschlichen Körper natürlich vor. Er ist Bestandteil des Bindegewebes, des Knorpels und der Gelenkflüssigkeit. Für die Verwendung in Nahrungsergänzungsmitteln wird Glucosamin hauptsächlich aus Krebstieren gewonnen. Meist wird die Verbindung Glucosaminsulfat verwendet.
Die Substanz Chondroitin (meist als Chondroitinsulfat erhältlich) ist im Gewebe an Eiweiße gekoppelt und ein Hauptbestandteil des Knorpels (griechisch Chondros) sowie der Knochen und des Bindegewebes. Chondroitin für Nahrungsergänzungsmittel wird nach Angaben des Untersuchungsamtes für Lebensmittel in Stuttgart aus Schlachtabfällen wie der Luftröhre von Rindern, aus Schweineohren oder -schnauzen sowie aus Haifischknorpeln oder Gewebe anderer Fische hergestellt.
Wie wirken Glucosamin und Chondroitin als Nahrungsergänzung?
Chondroitin und Glucosamin sollen den Knorpel regenerieren. Doch erst einmal ist fraglich, ob die als Kapsel eingenommenen und als "Gelenknährstoffe" beworbenen Stoffe nach dem Verzehr den Knorpel im Gelenk überhaupt erreichen - denn die im Blut erreichten Wirkstoffspiegel sind sehr niedrig. Zudem ist unklar, ob die Stoffe tatsächlich eingebaut werden und den schadhaften Knorpel ausbessern können. Seine Fähigkeit zur Regeneration wird von Experten nämlich prinzipiell als äußerst gering bis kaum möglich eingestuft.
Für eine mögliche (geringfügige) Wirkung der "Gelenknährstoffe" scheinen die Art und Schwere der Gelenkerkrankung, die sehr langfristige Dauer der Einnahme (Monate bis Jahre) eine wichtige Rolle zu spielen, ebenso die Dosierung und Zusammensetzung der Produkte. Sowohl bei Studien mit Nahrungsergänzungen als auch mit Arzneimitteln gibt es jedoch sehr widersprüchliche Ergebnisse – von einer (leichten) Verbesserung der Beschwerden bis zu keinem Unterschied im Vergleich zur Einnahme eines Placebos (Scheinmedikaments).
Eine spanische Studie von 2017 zeigte sogar die deutliche Überlegenheit eines Placebos gegenüber der Kombination von Glucosamin- und Chondroitinsulfat bei der Behandlung von Schmerzen bei Kniearthrose.
Quellen:
Arbeitskreis Lebensmittelchemischer Sachverständiger: Stellungnahme 2016/42: Gelenkpräparate als Nahrungsergänzungsmittel mit zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben in Bezug zu Bindegewebe, Knorpel oder Knochen (abgerufen am 18.05.2022)
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2013): Glucosaminhaltige Nahrungsergänzungsmittel können ein Gesundheitsrisiko für Patienten darstellen, die Cumarin-Antikoagulantien als Blutgerinnungshemmer einnehmen. Stellungnahme Nr. 004/2010 des BfR vom 14.08.2009, ergänzt am 21.01.2013, (abgerufen am 18.05.2022)
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (2018): Risikobewertung von Chondroitinsulfat in Nahrungsergänzungsmitteln Aktualisierte Stellungnahme Nr. 040/2018 des BfR vom 07.12.2018 (abgerufen am 18.05.2022)
DocCheck-News vom 24.02.2017, Arthroseschmerz: Die Oops-Studie (abgerufen am 18.05.2022)
Internationale Arthrosegesellschaft OARSI (2019), OARSI Guidelines/Clinical Trial Guidelines (abgerufen am 18.05.2022)
Lerch, C (2013): Zerknirscht: Nahrungsergänzungsmittel für die Gelenkgesundheit – ein gutes Beispiel für eine schlechte Umsetzung der Health-Claims-VO durch die Unternehmen. Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA). Bericht erschienen am 29.05.2013 (abgerufen am 18.05.2022)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen IQWiG (2018): Kniearthrose (Gonarthrose), Stand: 02.06.2021 (abgerufen am 18.05.2022)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen IQWiG (2018): Hüftarthrose (Coxarthrose), Stand: 19.05.2021 (abgerufen am 18.05.2022)
Gelenktabletten - Gesundheitsbezogene Angaben eines Markennamens. BVerwG 3 B 53.18, Beschluss vom 24.05.2019
Verordnung (EU) Nr. 1066/2013 der Kommission vom 30.10.2013 zur Nichtzulassung bestimmter anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern
EFSA (2012): Scientific Opinion on the substantiation of a health claim related to glucosamine and maintenance of normal joint cartilage pursuant to Article 13(5) of Regulation (EC) No 1924/2006. EFSA Journal 2012;10(5):2691
Information der Institutionen und Behörden: AMK/ZL: Fehlender Inhaltsstoff bei Chondroitin-haltigem Nahrungsergänzungsmittel. ABDA-Information 44/23 vom 30.10.2023