Generalsanierung der Bahn: Hintergrund und Ihre Rechte bei Problemen

Stand:
Das Streckennetz der Deutschen Bahn soll bis 2030 saniert werden. Wir erklären, welchen Plan die Bahn dabei verfolgt, mit welchen Herausforderungen Sie rechnen müssen und welche Rechte Sie bei Verspätungen haben.
Baustelle an Bahngleisen

Das Wichtigste in Kürze:

  • Bis 2030 ist geplant, dass bundesweit zahlreiche Bahnstrecken saniert werden. Dafür werden diese teilweise für mehrere Monate komplett gesperrt. Züge werden umgeleitet oder durch Busse ersetzt.
  • Bahnreisende müssen sich möglicherweise auf längere Fahrten, Verspätungen, volle Züge und Zugausfälle einstellen – auch auf Strecken, die nicht direkt von diesen Baumaßnahmen betroffen sind.
  • Welche Herausforderungen die Generalsanierung konkret für Bahnreisende erzeugt, möchten wir mit einem Verbraucheraufruf herausfinden.
  • Bei Verspätungen ab einer Stunde haben Sie ein Recht auf Entschädigung.
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Warum führt die Bahn eine Generalsanierung durch?

Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie diese Situation kennen, ist hoch: Sie stehen am Bahngleis und Ihr Zug kommt nicht zur planmäßigen Uhrzeit. Seit Längerem hat die Deutsche Bahn Probleme, den Fahrplan einzuhalten. Im November 2024 hat die Bahn ihren bisherigen Unpünktlichkeitsrekord erzielt: Nur 60 Prozent der Verbindungen im Fernverkehr waren pünktlich.

Ein Grund für die Probleme bei der Zuverlässigkeit ist das Schienennetz. Es wurde über viele Jahre nicht angemessen instandgehalten. Die Folgen: Viele Brücken, Gleise, Weichen, Stellwerke und Bahnhöfe sind mehrere Jahrzehnte alt und entsprechen nicht mehr den technischen Standards. Es kommt immer häufiger zu Signalstörungen, Weichenproblemen oder Gleisschäden.

Außerdem ist das Netz stark belastet. Immer mehr Züge nutzen die gleichen Strecken, wodurch es besonders in Ballungsräumen und auf Hauptverkehrsachsen zu Engpässen kommt. Das Problem wird in Zukunft noch größer: Es wird erwartet, dass der Anteil an stark belasteten Strecken weiter ansteigt, weil mehr Menschen die Bahn nutzen.

Die Deutsche Bahn und die Politik wollen in den kommenden Jahren massiv in die Erneuerung der Schieneninfrastruktur investieren. Durch die Baumaßnahmen wird sich das gravierende Pünktlichkeitsproblem jedoch vermutlich vorerst verschärfen.

Wie läuft die Generalsanierung ab und welche Strecken sind betroffen?

Die Deutsche Bahn plant sogenannte "Korridorsanierungen". Das bedeutet, dass die Schienen nicht im laufenden Betrieb saniert werden. Einzelne Streckenabschnitte werden komplett gesperrt, um sie umfassender wieder Instand zu setzen.

Diese Vorgehensweise unterscheidet sich grundlegend von der bisherigen. Bisher wurden viele kleine Maßnahmen nacheinander durchgeführt. So wurden die Beeinträchtigungen durch die Bauarbeiten in die Länge gezogen, der Zugbetrieb auf der Linie lief aber eingeschränkt weiter. Mit den Korridorsanierungen will die Deutsche Bahn alle notwendigen Arbeiten an einem Streckenabschnitt gleichzeitig und somit deutlich schneller durchführen.

Zwischen 2024 und 2030 sollen bundesweit insgesamt über 4.000 km Gleise während mehrmonatiger Sperrungen grundlegend erneuert und instandgesetzt werden. Insgesamt gibt die Bahn 42 Strecken an, die in den nächsten Jahren generalsaniert werden sollen. Welche das sind, können Sie auf der Seite der Deutschen Bahn nachlesen.

Mit welchen Problemen muss ich während der Sanierungen rechnen?

Die Komplettsperrungen sorgen dafür, dass Züge umgeleitet und teilweise Busse als Ersatzverkehr eingesetzt werden. Es ist also mit Einschränkungen sowohl im Schienennah- als auch im Fernverkehr zu rechnen.

Die Auswirkungen betreffen Reisende, die direkt auf den Strecken, die generalsaniert werden, unterwegs sind. Aber auch diejenigen, die Züge auf Umleitungsstrecken nutzen, sind betroffen. Denn diese Strecken werden durch die zusätzlichen Züge noch mehr belastet. Mehr Züge auf sowieso schon stark ausgelasteten Strecken können noch mehr Verspätungen bedeuten.

Wir begleiten die Generalsanierung der Deutschen Bahn mit einem Verbraucheraufruf. So können wir feststellen, welche Probleme Bahnreisende haben und uns für ihre Rechte einsetzen. Hatten Sie Probleme bei einer Bahnfahrt wegen der Sanierungsarbeiten? Teilen Sie Ihre Erfahrung mit uns!

Eine Person sieht verärgert aus. Im Hintergrund eine Deutschlandkarte mit einem Bahnstreckennetz, darauf ein Baustellenschild. Rechts am Rand ein großes Ausrufezeichen, in dem "Aufruf" steht.

Generalsanierung der Bahn: Hatten Sie Probleme bei einer Bahnfahrt?

Die Bahn saniert ihr Streckennetz umfassend innerhalb der nächsten Jahre. Was bedeutet das für Bahnreisende? Teilen Sie Ihre Erfahrungen mit uns, wenn Sie in den letzten Monaten Probleme bei einer Bahnreise hatten – damit wir uns für Ihre Rechte einsetzen können!

Was sind meine Rechte bei Verspätungen und Zugausfällen aufgrund der Generalsanierung?

Unpünktliche Züge können ein großes Ärgernis bedeuten – vor allem dann, wenn Sie durch eine minimale Verspätung Ihren Anschlusszug verpassen und so aus wenigen Minuten eine erhebliche Verzögerung entsteht.

Da Verspätungen und Zugausfälle in Folge von Baumaßnahmen in der Verantwortung der Eisenbahnunternehmen liegen, greifen grundsätzlich die Fahrgastrechte. Diese regeln, dass die Eisenbahnunternehmen Ihnen in bestimmten Fällen eine Entschädigung zahlen müssen.

Maßgeblich für die Entscheidung, ob eine Verspätung entschädigt wird, ist immer der Fahrplan – das ist bei Sanierungsarbeiten der Baustellenfahrplan. Wenn die Fahrt aufgrund der Baustelle geplant länger dauert (zum Beispiel bei Schienenersatzverkehr), dann begründet diese baustellenbedingte Verlängerung der Fahrzeit keinen Entschädigungsanspruch. Der entsteht erst, wenn auch der Baustellenfahrplan nicht eingehalten wurde.

  • Fernverkehr: Bei einer Verspätung ab einer Stunde müssen die Eisenbahnunternehmen Ihnen eine Entschädigung zahlen. Diese beträgt 25 Prozent des Ticketpreises ab einer Stunde und 50 Prozent bei Verspätungen ab 120 Minuten. Kund:innen der Bahncard 100 erhalten 10 Euro (2. Klasse) oder 15 Euro (1. Klasse).
  • Nahverkehr: Im Nahverkehr ist die Höhe der Entschädigung meist gering. Zeitfahrkarten wie das Deutschlandticket werden pauschal ab einer Verspätung ab 60 Minuten am Zielbahnhof mit 1,50 Euro (2. Klasse) oder. 2,25 Euro (1. Klasse) entschädigt. Fahrgäst:innen mit einer Zeitfahrkarte des Nahverkehrs müssen Verspätungen gesammelt einreichen, weil Entschädigungsbeträge unter 4 Euro nicht ausgezahlt werden. Die Verspätungsfälle müssen dabei innerhalb des Geltungszeitraums der Zeitfahrkarte liegen. Insgesamt werden maximal 25 Prozent des Zeitfahrkartenwertes, also in der Regel des Monatspreises, entschädigt.

In unserem Artikel Erstattung bei Zugverspätung: So gibt’s Geld zurück erfahren Sie, wie Sie die Erstattung beantragen.

Wenn die Verspätung oder der Zugausfall durch "höhere Gewalt" verursacht wurde, können Eisenbahnunternehmen sich von Entschädigungsansprüchen befreien. Zu höherer Gewalt zählen zum Beispiel Wetterereignisse wie Starkregen oder Stürme oder Notarzteinsätze. Sollten Sie einen solchen Fall erlebt haben, berichten Sie uns gerne darüber im Verbraucheraufruf Erfahrungen mit höherer Gewalt beim Reisen mit der Bahn?.

Ein rotes Ausrufezeichen mit dem Wort Aufruf neben einem Zug und Symbolen wie einem X und Sturmwolken.

Erfahrungen mit höherer Gewalt beim Reisen mit der Bahn?

Eisenbahnunternehmen müssen seit Juni 2023 bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen oder Zugausfällen keine Entschädigungen zahlen, wenn sie für die Ursache keine Verantwortung tragen. Haben Sie bereits Erfahrungen mit "außergewöhnlichen Umständen" bzw. "höherer Gewalt" bei einer Zugreise gemacht?

Eine Hand hält ein Deutschlandticket, daneben eine Lupe und ein Ausrufezeichen mit dem Wort Aufruf.

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Dieser Inhalt wurde von der Gemeinschaftsredaktion in Zusammenarbeit mit unserem Bundesverband (vzbv) sowie der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.

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